Die besten Geheimtipps für die Nintendo Switch
Die rasante Frequenz von Switch-Releases macht es heutzutage praktisch unmöglich, auch nur den Anschein eines Überblicks zu bewahren. Es gibt wirklich hunderte an würdigen Kandidaten für einen entspannten Nachmittag, sowohl für pedantische Gourmets als auch für Fastfood-Junkies. Was nicht sonderlich hilft ist der Umstand, dass die meisten Games nach ihrem Release keinerlei Aufmerksamkeit mehr erhalten. Wir wollen also ein wenig bei der Selektion helfen – mit soliden Tipps aus dem gut sortierten Bücherregal. Dabei gibt es keine näheren Kriterien, nur ein Versprechen: Zeit verschwenden ausgeschlossen.
Card Shark
Wie wäre es mit einem Ausflug in das Frankreich des 18. Jahrhunderts? Der Graf von St. Germain sucht einen Azubi, den er in die aufregende Welt der Kartentrickserei einführen kann um sich vom heruntergekommenen Wirtshaus in die Stuben des Königshaus hochzugaunern. Das Gameplay von Card Shark ist im Grunde nicht viel mehr als eine immer komplexer werdende Sammlung an Minispielen, vermittelt wird aber das Gefühl, dass einem hier ein gefinkelter Gauner sein Handwerk beibringt. Die atmosphärische Inszenierung ist das Hervorstechende, das Intrigieren in der dunklen Kutsche auf dem Weg zum Tatort, das Herumtreiben auf dem Stützpunkt in der Roma-Karavane… Card Shark ist ein interaktives Meisterwerk, vielleicht deshalb, weil der federführende Nicolai Troshinsky sich von Kubricks Barry Lyndon inspirieren hat lassen.
Cadence of Hyrule: Crypt of the NecroDancer Ft. The Legend of Zelda
Cadence of Hyrule ist nicht nur ein Vorzeige-Exemplar, weil Nintendo in völlig unüblicher Weise eines seiner Rennpferde an einen Indie-Developer verlieh. Das rhythmusbasierte Gameplay, das man vom Entwickler schon aus Crypt of the Necromancer kennt, ist tatsächlich ein Genuss. Der Grund, weshalb sich der Titel auf dieser Liste findet, ist aber ein anderer: Von Nintendo nicht weiter beachtet ist eine ganze Community an Retro-Fans entstanden, die alten Spielen mit Hacks nochmal neues Leben einhaucht. In der oberen Liga spielen dabei „Randomizer“, die den Inhalt von Schatzkisten durcheinanderwürfeln und so den kritischen Weg durch die altbekannten Klassiker noch einmal völlig neu gestalten. Cadence of Hyrule spielt nun genau diese Karte: Bei jeden Durchlauf sind alle Items und Fähigkeiten der umfangreichen Hyrule-Karte an neuen Orten untergebracht, wodurch bei jedem Durchspielen ein eigener Akzent aus Spielfähigkeiten das Geschehen aufmischt. Eine große Empfehlung, nicht nur für Zelda-Fans.
Record of Lodoss War: Deedlit in Wonder Labyrinth
Man hat manchmal das Gefühl, die Indie-Welt besteht nur noch aus Metroidvania-Games. An Auswahl fehlt es Genre-Veteranen wahrlich nicht, aber trotzdem kommen die meisten Spiele nicht an das Original Castlevania: Symphony of the Night heran. Auf den ersten Blick ist Record of Lodoss War demnach auch nur ein einfallsloses Faksimile, aber schon in den ersten Minuten verwandeln die Qualitäten, die hier zur Schau gestellt werden, in ein Festmahl der Retrokunst. Die Wucht, mit der sich die Figur steuert, die pointierten Upgrades, der stimmige Soundtrack, die pixelperfekten Animationen. Mit der Ikaruga-artigen Spielmechanik liefert der Titel auch genau das richtige Maß an Abwechslung. Ein Titel, wie er nur aus Japan stammen kann, der unter der Überwachung von Ryo Mizuno, dem Autoren der japanischen Fantasy-Reihe, stets das nötige Maß an Würde bewahrt, das so vielen Retro-Wannabes verwehrt bleibt.
Donut County
Wer hat nicht mal ein Stück Tapete abgerissen? Das befreiende Geräusch vom Abriss genossen, das die Glückshormone befeuert und im absurden Kontrast zum immer größer werdenden Schaden steht, der sich immer schwieriger verstecken lässt. Für das Kletzeln an einer Tapete steht das Gefühl, das Donut County vermitteln möchte. Es gibt Donuts, es gibt Waschbären, aber es gibt vor allem ein Loch, das immer größer wird, je mehr Blödsinn man hineingeworfen hat. Kleine Puzzles und ein zauberhafter Plot sorgen dafür, dass das Ganze ein wenig Struktur erhält. Aber im Grunde geht es wirklich einfach nur darum alles und jeden in ein Loch zu werfen. Mehr braucht es manchmal nicht.
Blaster Master Zero 1-3
Was treiben die Mega Man-Entwickler eigentlich heutzutage? Inti Creates ist ein Entwickerstudio, welches umtriebiger kaum sein könnte, aber auf der Mega Man-Lizenz bleibt Capcom derzeit lieber selber tatenlos sitzen. Definiert sich die Qualität des blauen Helden aber doch hauptsächlich durch einen konstanten Strom an neuen Releases, die gegenseitig aufeinander aufbauen, hat sich Inti Creates eben eine andere Serie gesucht, mit der sich das Ausleben lässt. Sind wir mal ehrlich, Retro-Pixel-Action-Spiele gibt es mehr als genug. Und die Blaster Master-Titel sind, wie die meisten davon, durchwegs unterhaltsam und empfehlenswert. Die Qualität, durch die sich Blaster Master vor all den Genre-Kollegen auf dieser Liste findet, ist die Regelmäßigkeit von Sequels, die Inti Creates mittlerweile geliefert hat. Manchmal ist es einfach nett, ein Spiel und seine Sequels durchzuzocken. Mega Man-Spiele kamen früher im Jahrestakt daher und das war ihr größter Reiz. Nach dem Durchspielen der bisher drei Blaster Master-Titel darf man endlich mal wieder fragen: Welches war am besten?
Star Renegades
Rundenbasierte JRPGs gibt es wie Sand am Meer. Aber wer Lust darauf hat, der kommt meistens nicht um den Ballast herum, der mit dem Genre daherkommt: Sich endlos wiederholende Plots mit immer gleichen Klischees. Star Renegades ist da insofern erfrischend, als dass es sich ausschließlich mit dem Kampfsystem beschäftigt und alles drumherum ausspart. In Roguelike-Manier spielt man sich von Runde zu Runde und erlernt dabei die feinen Details des Systems auszunutzen, das mit unzähligen wohl durchdachten Nuancen auftrumpfen kann. Null Emotion, 100% Mathematik ist manchmal genau das richtige für den kleinen Fanatiker, die in jedem Gamer-Herz schlummert.
Wavetale
Mit 3D-Plattformern ist das so eine Sache: Fast allen Indie-Spielen, die sich an dem Genre versuchen, fehlt es an der nötigen Politur, die dafür notwendig wäre. Figuren spielen sich hakelig, zu langsam oder zu plump, oder die Levels sind zu abstrakt. Und darüber hinaus versucht selten ein Spiel, mehr als ein blankes Imitat der Vergangenheit zu sein, ohne irgendetwas auszusagen. Und genau deshalb hebt sich Wavetale von der breiten Masse ab. Das Spiel hat all die Probleme, die man auch von anderen Indie-3D-Plattformern kennt, aber es gibt einen bedeutsamen Unterschied: Es geht seinen eigenen Weg. Die Welt von Wavetale ist in eine dichte Atmosphäre getaucht, eine Wasserwelt, die nur knapp dem Untergang entgeht. Das Reiten auf Wellen wirkt befreiend und befeuert die Sinne in allen Bereichen auf die es ankommt. Das Spiel ist trotz ein paar Schwächen ein absoluter Geheimtipp.
F-Zero 99
Wer Nintendo-News verfolgt, hat es gesehen, aber hat es auch jeder gespielt? Der relativ simple Retrolook täuscht gewaltig: F-Zero 99 ist weit mehr als eine ideenlose Portierung des Renn-Klassikers für Nintendos Online-Service. 99 Spieler auf eine Rennstrecke zu packen, auf der das Haushalten mit dem Schild-Balken zum Überleben notwendig ist, stellt sich als Geniestreich heraus. F-Zero 99 füllt den Bildschirm mit kunterbuntem Chaos, in dem es jeden Streckenmillimeter auswendig zu lernen gilt, um sich irgendwie von den 98 Kontrahenten abzusetzen. Das Spiel ist ein absoluter Genre-Geheimtipp für Puristen, denen es Spaß macht, stundenlang ihre Fingerakrobatik bis zur Perfektion zu optimieren.
Gnosia
„Werwolf spielen“ ist nicht zuletzt seit Among Us eine Mode-Erscheinung. Misanthropen haben es da schwer, denn man kommt nicht am Umgang mit anderen Menschen vorbei. Hier schafft Gnosia Abhilfe, welches das Geschehen in ein angenehmes Single-Player-Erlebnis packt. Der Spieler erlernt alle Nuancen des Spiels nach und nach, zusätzliche Charaktere und Spielerrollen gesellen sich von Runde zu Runde zum Geschehen, wodurch das Ganze graduell komplexer wird. Eigene Überzeugungskraft entwickelt sich, frei nach dem japanischen Zeitgeist, anhand von Charakterstats, die man im Laufe der Sitzungen weiterentwickelt. Für Fans von japanischen Visual-Novels bietet die dynamische Erdzählmaschine eine Menge Spaß.
Overboard
Worum es bei Overboard geht ist schnell erklärt: Ein Murder-Mystery, bei dem man zur Abwechslung mal den Mörder spielt. Auf einer Kreuzfahrt haben wir unseren nervigen Ehegatten in den endlosen Tiefen des Meeres entsorgt. Doch die Tat bleibt nicht unbemerkt und nun liegt es an uns alles bis zum Einlauf in den Hafen zu richten. Es ist gar nicht so schwer, das Ganze wie Selbstmord aussehen zu lassen, aber dann kassieren wir die Lebensversicherung nicht. Es bleibt uns nichts übrig, als die Umstände auf dem Schiff genau zu analysieren und die Tat jemandem unterzuschieben. Overboard hat eine kurze, unterhaltsame Prämisse – ein Durchlauf dauert meistens auch nicht länger als 30 Minuten. So kann man sich ohne große Sorgen durch das Adventure arbeiten, bis man sein Ziel erreicht hat.
A Short Hike
Immer öfter werden aus Videospielen statt Zeitvertreib beinharte Jobs. Da braucht man schonmal einen kleinen Release wie A Short Hike, um sich vom Gamer-Alltag zu erholen. Ein kleiner Rabe begibt sich auf einen Wanderausflug zur Bergspitze. Dabei trifft er auf witzige NPCs, die kleine Aufgaben parat haben und sammelt Upgrades, die die Fähigkeit zum Fliegen verbessern. Es gibt kein Kampfsystem, keine Gegner – im Grunde nichts, das den Ausflug irgendwie trüben könnte. Man verliert sich in einer fröhlichen Schnitzeljagd, die auch genauso schnell wieder vorbei ist, wie sie angefangen hat. Selbst die Kürze des Abenteuers dient ausschließlich der Wohltat, dass man sich nicht mit allzu langen Aufgabenlisten herumstressen muss. Ein Tipp für jeden, der einfach mal Abschalten will.