Dodgers
In Dodgers erzählt Bill Beverly ruhig und eindringlich vom Erwachsenwerden im Verbrechermilieu. Ein wirklich starker Debütroman, der die Vielseitigkeit des Genres beweist.
East ist eigentlich noch ein Kind. Trotz seines Alters hat er bereits viel erlebt und ist ruhiger als so manch Erwachsener in seinem Umfeld. In L.A. beaufsichtigt er ein Drogenhaus. Doch als es von der Polizei gestürmt wird, scheinen seine Tage gezählt zu sein. Versagen wird in seinem Job nicht geduldet. Dennoch bietet ihm sein Boss eine Chance auf Wiedergutmachung. Er schickt ihn und drei weitere Mitarbeiter auf eine Odyssee quer durchs Land. Gemeinsam mit Walter, Michael und seinem schießwütigen, hitzköpfigen Bruder Ty sollen sie einen Auftrag erledigen. Die drei Kinder und ihr Begleiter sollen einen Richter ermorden.
Er hatte gesehen, wie ein Reverend auf offener Straße erschossen wurde, wie eine Frau vom Dach sprang. Er hatte gesehen, wie ein Hubschrauber in einen Baum krachte und wie ein durchgeknallter Mann ein gekapptes Starkstromkabel aufhob und erstrahlte wie ein menschlicher Weihnachtsbaum. Er hatte gesehen, wie die Polizei eine Razzia durchführte und das Haus trotzdem weitermachte.
Bill Beverly lässt sich in seinem Debütroman Zeit. Er überstürzt nichts. Dodgers, obwohl die Handlung so wirkt, ist kein rasanter Krimiroman. Es ist viel eher eine ruhige Charakterstudie. Beverly konzentriert sich mehr auf die Entwicklung seiner Figuren, allen voran auf die seines Protagonisten East. Auch Gewalt spielt eher eine untergeordnete Rolle. Sie brodelt zwar ständig unter der Oberfläche, doch die wenigen Ausbrüche sind meist relativ schnell wieder vorbei. Ähnlich wie bei Donald Ray Pollock wird Gewalt beinahe beiläufig abgehandelt. Es geht dann so flott, dass es einen fast überrascht, wenn sie einmal ausbricht. Eine weitere große Stärke von Dodgers ist seine Atmosphäre. Beverly schildert diese Welt der Kindergangster nicht nur eindringlich, sondern auch enorm authentisch.
Obwohl Dodgers ein ruhig erzählter und eher auf die Entwicklung seiner Figuren fokussierter Krimi ist, liest er sich spannend und rasant. Beverlys Erzählstil ist am Anfang zwar etwas gewöhnungsbedürftig, doch man findet schnell in seine Sprache rein. Und sobald er den Leser einmal gepackt hat, lässt er ihn (fast) nicht mehr los. Erst das letzte Drittel gerät ihm etwas langatmig. Da man aber bis dahin gefesselt bleibt, hört man im letzten Teil nicht mehr auf zu lesen. Am Ende wird man froh sein, denn das gelingt dem Autor wieder hervorragend. Dodgers ist auf jeden Fall ein starkes Debüt, das durch Atmosphäre, Authentizität und gelungene Figuren überzeugt.
Dodgers von Bill Beverly, 400 Seiten, erschienen im Diogenes Verlag.