Der Revolver
Mit Der Revolver gelingt Fuminori Nakamura ein existenzielles Crime-Drama über Besessenheit und den unaufhaltsamen Abstieg in Gewalt.
Der junge Student Nishikawa eilt in einer Regennacht nach Hause. Während er sich durch das nächtliche Tokio bewegt, findet er an einem Fluss eine Leiche. Doch was den jungen Mann tatsächlich in seinen Bann zieht, ist der Revolver, der neben dem Toten liegt. Nishikawa steckt die Waffe ein und flieht. Es dauert nicht lange und er entwickelt eine unheimliche Obsession zu dem Revolver. Sein ganzes Leben dreht sich plötzlich um dieses perfekte Mordwerkzeug. Und um die vier Kugeln, die sich noch in der Waffe befinden. Bald reicht die Besessenheit zu dem Revolver alleine nicht mehr aus. Es genügt ihm nicht mehr, dass er die Waffe besitzt. Er muss sie auch abfeuern. Denn dazu ist sie geschaffen worden.
Noch nie habe ich etwas so Schönes gesehen, er liegt in meiner Hand, als wäre er für mich gemacht. Bisher hatte ich überhaupt kein Interesse an Waffen, aber in dem Moment, in dem ich den Revolver sah, musste ich ihn haben.
Der Revolver war der erste Roman von Fuminori Nakamura, erschien aber bei uns erst nach Der Dieb und Die Maske. Man merkt in diesem Debüt durchaus die Vorbilder von Nakamura. Seien es nun Kafka, Satre und Dostojewski oder auch filmische Pendants wie zum Beispiel Taxi Driver. Doch das tut dem Roman keinen Abbruch. Nakamura ist kein simpler Nachahmer, er erschafft sein eigenes Werk. Der Revolver ist dabei sowohl Charakterstudie als auch spannendes Crime-Drama. Es schildert den Abstieg eines jungen Mannes in eine Gewaltspirale. Er selbst sieht keine Möglichkeit daraus zu entkommen, er fühlt sich der gefundenen Waffe hilflos ausgeliefert. Als würde sie von ihm Besitz ergreifen.
Da sich Nakamura auf das Wesentliche konzentriert und der Roman relativ kurz ist, entstehen kaum Längen in der Geschichte. Die Schilderung eines Menschen, der sich in seiner Welt deplatziert fühlt, gelingt ihm durchwegs. Gleichzeitig schafft es der Autor mit einigen wenigen Sätzen Stimmung und Atmosphäre zu erzeugen. Man hat die Welt des Protagonisten nicht nur vor Augen, man kann sein kleines Apartment oder die dunklen Gassen Tokios richtig riechen, hören und spüren. Mit Der Revolver ist Fuminori Nakamura eine überaus spannende Charakterstudie über Verlorenheit und Desorientierung gelungen.
Der Revolver von Fuminori Nakamura, 192 Seiten, erschienen im Diogenes Verlag.