Die Rostjungfern
Cleveland, Ohio, 1980. Phoebe hat soeben die High-School abgeschlossen. Am liebsten würde sie den Sommer mit ihrer Cousine und besten Freundin Jaqueline verbringen. Doch mehrere Unruhen erschüttern die Gemeinschaft. Die Männer des ansässigen Stahlbauwerks streiken. Worauf die Stätte geschlossen und die Männer arbeitslos werden. So auch Phoebes Vater. Aber am allschlimmsten ist die seltsame Krankheit die fünf Mädchen aus der Nachbarschaft befällt. Ihre Haut schält sich und blättert ab, wie Metall. Sie sondern eine schwarze Flüssigkeit ab. Sie verrosten bei lebendigem Leibe. Jaqueline ist eine der fünf „Rostjungfern“. Und Phoebe versucht alles um sie zu retten.
Mit weit aufgerissenen Augen schüttelte ich den Kopf und trat noch weiter vom Bett zurück in Richtung Wand. Jaqueline war immer noch auf den Knien, aber ihre Hand griff blind nach hinten, nach mir, und ich streckte meine aus und zog sie vom Boden hoch. Zusammen standen wir da und starrten auf Lisa hinab. Wir waren nicht sicher, was wir da vor uns hatten.
Die Rostjungfern ist der Debütroman der Amerikanerin Gwendolyn Kiste. Sie gewann allerlei Preise für diesen Roman, nicht zuletzt den prestigereichen Bram-Stoker-Award. Etliche Kurzgeschichten und Novellen gingen ihrem Debüt voran. Gwendolyn Kiste schreibt in Die Rostjungfern eine angenehm subtile und metaphernreiche Prosa. Ihr Roman entfaltet sich langsam und setzt auf psychologische Tiefe statt oberflächlichen Schrecken. Einfache Antworten und Erklärungen gibt es nicht. Dafür schreitet die Geschichte konsequent ihrem tragischen Ende entgegen.
Als die Dunkelheit sie in sich aufnahm, lächelte sie mir zu, und ich erwiderte das Lächeln gegen meinen Willen. Es war das Schönste und Schrecklichste, was ich je gesehen hatte.
Die Rostjungfern ist nicht unbedingt leichte Kost. Und ziemlich sicher auch kein Stimmungsaufheller. Dafür bekommt man eine tiefsinnige und doppelbödige Prosa serviert, die lange Nachwirkt. Die – wie immer tolle – Übersetzung von Claudia Rapp garantiert einen flüssigen Lesegenuss. Das Buch hätte eventuell ein etwas weniger trashiges Cover verdient, um auch Leser:innen außerhalb des Horrorspektrums abzuholen. Aber letzten Endes zählt ja der Inhalt. Und der hat es in sich.
Die Rostjungfern von Gwendolyn Kiste, 400 Seiten, erschienen im Festa Verlag