Die glorreichen Sieben
Das Einzige, was Antoine Fuquas wenig glorreiches Remake richtig macht, ist das ethnisch vielfältige Figurenensemble keinem Whitewashing zu unterziehen. Es wäre jedoch absurd, einen dramaturgisch schwachen Film dafür zu loben, dass er tut, was selbstverständlich sein sollte (auch wenn es das in Hollywood noch lange nicht ist).
Besonders, wenn dieser Film chauvinistische Heldensagen und christliche Vergeltungsfantasien zelebriert. Gleich im Prolog fackelt der psychopathische Schurke Bartholomew Bogue (Peter Sarsgaard) eine Kirche ab. Die Sieben richten sie wieder her, damit dort unterm Kreuz der Showdown stattfinden kann, und Kopfgeldjäger Sam Chisolm (Denzel Washington) flüstert seinen Opfern Bibelverse ins Ohr. Die Gottgläubigkeit ist der einzig prägnante Persönlichkeitszug der positiven Figuren. Tatsächlich ist die Charakterisierung so schwammig, dass Trailer und Synopsis entscheidend sind, um sich zumindest ein ungefähres Bild der Protagonisten zu machen.
Josh Farraday (Chris Pratt) soll Spieler und Sprengstoffexperte sein? Er macht einen Kartentrick und sagt, dass er schon immer mal was in die Luft jagen wollte. Der fromme Jack Horne (Vincent D’Onofrio) ist Fährtenleser und der wortkarge Billy Rocks (Byung-hun Lee) ein Assassine? Gut, dass das im Trailer so steht, denn der Plot verrät davon nichts. Outlaw Vasquez (Manuel Garcia-Rulfo) scheint plötzlich mit dem mexikanerfeindlichen Faraday befreundet. Keiner weiß warum. Comanche Red Harvest (Martin Sensmeier) enthüllt in einem Einer-flog-über-das-Kuckucksnest-Moment, dass er Englisch spricht. Das war’s. Scharfschütze Goodnight Robicheaux (Ethan Hawke) bekommt minimal Format, aber sein Kriegstrauma verpufft vorhersehbarerweise im entscheidenden Moment.
Und was macht Fuqua in über zwei Stunden Laufzeit, wenn nicht die Figuren ausarbeiten? Er füllt die Handlung mit Unmengen an Klischeeeinstellungen. Es wird cool daher geritten, aus gekniffenen Augen geschaut und mit dem Revolver gespielt wie bei der Generalprobe einer Wild-West-Show. An eine solche erinnert dann auch die Handlung, die ohne jede Selbstironie im besten Fall wie eine oberflächliche Genre-Hommage wirkt. Schön für den Regisseur, dass er Western mag. Weniger schön für das Publikum, dass sich doch ein bisschen Inhalt gewünscht hätte.
Die epische Neuauflage versagt genauso wie 1960 John Sturges Remake von Akira Kurosawas Original aus dem Jahr 1954. In Die sieben Samurai geht es um die Charaktere. Bei Fuqua verschwinden die Individuen hinter ihren generischen Fassaden. Alle sind sofort für den selbstmörderischen Kampf für das auf einer Goldader sitzende Städtchen Rose Creek bereit. Ein handfestes Motiv hat nur Chisolm. Die anderen machen vermutlich mit, damit sie ihre Beinah-Superkräfte ausleben können.
An hohle Legenden und verlogene Mythen des Wilden Westens rührt die Handlung nicht. Stattdessen werden Standardsprüche geklopft und Schießbudenfiguren umgelegt. Nur die frisch verwitwete Emma Cullen (Haley Bennett) ist ständig in Tränen aufgelöst. Dramatische und implizit historische Relevanz besitzen ausschließlich männlichen Figuren. Selbst als sich die kampfunerfahrenen Anwohner gegen Bogues Söldnern wappnen, kommt keiner auf die Idee, den Frauen Schützenpositionen zu geben. Dabei will Die glorreichen Sieben nicht weniger sein, als eine geschichtlich authentische Revision des Genres sein. Die Wahrheit des Westens war mehr als die Filme enthielten, sagte Fuqua in einem Interview. Stimmt, und sein Remake ändert daran nichts.
Regie: Antoine Fuqua, Drehbuch: Richard Wenk, Nic Pizzolatto, Darsteller: Denzel Washington, Chris Pratt, Ethan Hawke, Vincent D’Onofrio, Byung-hun Lee, Peter Sarsgaard, Filmlänge: 132 Minuten, Kinostart: 23.09.2016, www.dieglorreichen7film.de