100 DVDs in 100 Wochen: Night on Earth
Nummer 29 im Feature 100 DVDs in 100 Wochen ist Jim Jarmusch’s Night on Earth aus dem Jahr 1991 – ein Film über 5 Taxifahrten.
Taxifahren gehört nicht unbedingt zu den spannendsten Dingen der Welt – zumindest für die zahlenden Gäste, spielen doch die paar Minuten im Taxi keine besondere Rolle in deren Leben. Doch wie sieht das aus der Perspektive der Taxifahrer aus? Wenn man bedenkt, dass hierzulande die meisten von uns Taxifahrten nur aus der Sicht feucht-fröhlicher Nächte kennen, und diese sind meist schnell vergessen ob des erhöhten Promillespiegels, dann öffnen sich doch einige Geschichten, welche erzählenswert erscheinen. Die Story: 1 Nacht – 5 Städte – 5 Taxifahrten – 5 Geschichten. Von Los Angeles über New York, Paris, Rom bis nach Helsinki zeigt uns Jarmusch wie verschieden die Schicksale der Fahrgäste und Taxifahrer durch eine Fahrt verändert werden können – oder eben auch nicht.
Ich bin schon nach der ersten Stadt hin und weg von dem Film – und das nicht nur wegen der wirklich guten schauspielerischen Leistung von Winona Ryder als Taxifahrerin Corky (was macht Ryder eigentlich derzeit?), sondern auch wegen der ganzen Machart des Films. Klar, in einem Taxi ist nicht viel Platz – wir sehen also die gesamte Zeit nur einen Raum, während die Welt da draußen an den beiden Darstellern jeweils vorbeizieht. Jarmusch hat einen wirklich großartigen Cast für den Film gefunden, denn nicht nur Winona Ryder, auch Armin Mueller-Stahl als deutscher Zirkusclown, der nun in New York als Taxifahrer sein Glück versucht, spielt fantastisch.
Doch es sind nicht nur die Schauspieler, die aus Night on Earth einen tragisch-witzigen Film machen, nein, es sind vor allem auch die Geschichten. In Los Angeles prallen etwa Glamour und Coolness aufeinander – die gestresste Casting Agentin Victoria (Gena Rowlands) bietet der Taxifahrerin Corky am Ende der Fahrt schließlich eine Rolle in einem großen Film an, welche diese dankend ablehnt, da sie ihr Leben schließlich und endlich ganz anders geplant hat. In New York erwärmt mein Herz der deutsche Auswanderer Helmut, der zwar genauso schlecht Englisch spricht, wie Auto fährt, aber nichtsdestotrotz als Taxifahrer sein Glück versuchen möchte. In seinem Fahrgast Yo-Yo (Giancarlo Esposito) trifft er einen gutmütigen Kerl aus Brooklyn, der sogar für ihn das Fahren übernimmt und ihm nebenbei ein paar Tipps gibt, wie er sich in New York durchschlagen soll.
Kontinentwechsel: In Paris wirft ein farbige Taxifahrer (Isaach de Bankolé) zwei schwarz-afrikanische Diplomaten wegen Rassismus aus seinem Taxi und bekommt schließlich mit einer Blinden (Béatrice Dalle) einen deutlich interessanteren Fahrgast. Obwohl nicht unbedingt die höflichste junge Dame, erklärt sie ihm ihre Sicht der Welt – auch wenn sie sie gar nicht sehen kann.
Die wohl witzigste Taxifahrt ist jene in Rom – ich musste teilweise wirklich laut auflachen. Kein Geringerer als Roberto Benigni spielt hier den Taxifahrer – als Vollblutitaliener versteht sich. Als ein Priester (Paolo Bonacelli) schließlich in sein Taxi einsteigt nutzt er dessen Zeit um eine Beichte abzulegen, welche den Priester letztendlich im wahrsten Sinne des Wortes umbringt. Die letzte Taxifahrt ist wohl die Tragischste: Wir sehen in Helsinki drei betrunkene Finnen, welche mit dem Taxifahrer um die Wette buhlen, wessen Leben wohl die größere Katastrophe ist.
Meine Empfehlung: Obwohl der Film 123 Minuten lang ist, so fällt die Länge hier gar nicht auf – durch die fünf verschiedenen Episoden vergeht die Zeit wie im Flug. Also, unbedingt ansehen! Jim Jarmusch schafft es nicht nur gute Geschichten zu erzählen, auch seine Schauspieler und die unaufgeregte Kamera machen es nicht schwer den Film von der ersten Minute an zu mögen.
Das nächste Mal geht es weiter mit George Cukor’s Die Nacht vor der Hochzeit.