100 DVDs in 100 Wochen: Das Fest
Das Fest (im Original: Festen) vom dänischen Regisseur Thomas Vinterberg ist die Nummer 18 beim Filmfeature 100 DVDs in 100 Wochen – und auf diesen Film setze ich mehr Hoffnung als vergangene Woche.
Um einen Eindruck der Wirkung des Filmes zu bekommen, möchte ich aus der Innenseite der DVD Hans Weingartner zitieren: „Ein Meisterwerk. Mehr noch. Ein Wunder. So etwas passiert nur alle zehn Jahre. Das ist nicht nur Können, das ist Schicksal. Da müssen sich die richtigen Leute zur richtigen Zeit am richtigen Ort treffen. Außerdem muss es schnell gehen. Von der ersten Idee zu Das Fest bis zum Drehbeginn dauerte es vier Wochen, erzählte mir Thomas Vinterberg. Man merkt es dem Film an, die Begeisterung für die Idee ist noch voll drin, da haben nicht tausende Produzenten, Redakteure, Fördergremien und sonstige wichtige Wichte ihren Senf dazugegeben. Vinterberg war 27 als er den Film drehte, und auch das merkt man.“
Jetzt ist natürlich die Frage: Worum geht’s bei diesem Wunder? Eine dänische Großfamilie trifft sich zum 60. Geburtstag des Patriarchen Helge (Ulrich Thomsen) in dem prächtigen Landhotel der wohlhabenden Familie. Genauso wohlhabend wie die Familie ist, genauso zerrüttet ist sie allerdings. Schnell wird klar, dass vor allem die Kinder einen richtigen psychischen Schaden davongetragen haben. Und als der älteste Sohn Christian (Thomas Bo Larsen) schließlich aufsteht um seine Festrede auf den Vater zu halten, wird auch klar warum. Dieser hat nämlich sowohl ihn, als auch eine seiner Schwestern vor 20 Jahren missbraucht. Die Mutter hat tunlichst dabei weggesehen. Der Selbstmord der Schwester ist auch noch nicht lange her – jetzt wird klar, wieso sie diesen Schritt zum Suizid getan hat. Anfangs glaubt Christian niemand, doch mit der Hartnäckigkeit während der Feier, öffnet schließlich auch der Rest der Familie die Augen.
Die Geschichte ist ziemlich heftig und doch in so altehrwürdigen Familien durchaus realistisch, wenn vielleicht auch nicht in dieser Intensität. Besonders interessant an dem Film ist allerdings, dass er drei Jahre nach dem Verfassen der zehn Gebote des Dogma 95 Programms von Vinterberg und Lars von Trier entstanden ist. In Das Fest hält sich Vinterberg auch daran: kein künstliches Licht, keine Requisiten, nur der Gebrauch von Handkameras und Originalton ist erlaubt. Wer sich außerdem bei so mancher Szene an Der Pate erinnert fühlt (was bei so ziemlich allen Familienfeiern im großen Stile in Filmen der Fall ist), hat nicht unrecht: Vinterberg ließ sich eindeutig von Coppola inspirieren. Zum Thema Kameraführung sei noch eines gesagt: Hätte es damals schon GoPro’s gegeben, Vinterberg hätte sicherlich seine Freude an den kleinen Kameras gehabt. Natürlich funktioniert die Intimität und unverblümte Wahrheit der Bilder auch bestens mit den Handkameras 1997 – sollte nur so ein Gedanke sein.
Übrigens erhielt Vinterberg für Das Fest den Jury-Preis der Filmfestspiele Cannes. Und das völlig zu Recht. Daher meine Empfehlung: Wer einen wirklich intensiven Film rund um eine Großfamilie sehen möchte, dessen Machart zu dieser Zeit sicherlich ein kleiner Meilenstein in der Filmgeschichte darstellt, der ist mit Das Fest sehr gut bedient. Bei 101 Minuten Länge sollte man sich allerdings auch wirklich die Zeit nehmen um diesem Film entsprechend Tribut zu zollen – und um danach vielleicht seine Eltern anzurufen, dass die eigene Kindheit vielleicht doch ganz passabel war. Das nächste Mal: Marokko.