PressStop: Avril Lavigne – Hello Kitty
Ladies and Gentlemen, die Jahrescharts sind geschrieben, wir haben bereits einen Gewinner in der Kategorie „Schlechtester Song des Jahres“.
Ja, das Jahr ist noch nicht einmal zur Hälfte um und trotzdem ist es quasi unmöglich Avril Lavignes Hello Kitty-Desaster noch zu überbieten. Oder zu unterbieten, je nachdem. Wer die grausame Attacke auf guten Geschmack und Hörnerv, den Lavigne wohl als ihre Karriere bezeichnen würde, in den letzten Jahren am Rande verfolgt hat, kann sich – auch Dank des Songtitels – wahrscheinlich schon ausmalen, was da jetzt kommt. Und nein, es ist nicht so, sondern tatsächlich noch schlimmer.
Gleich nach erscheinen des Songs und dazugehörigem Video war wohl der gesamten Internetgemeinde klar – das war nix. Es hagelt Kritik, Spott, Hohn und sogar Rassismus Vorwürfe. Bis auf letzteres vielleicht – zu Recht.
Inhaltlich hat man von Lavigne wahrscheinlich noch nie viel erwartet, musikalisch tut man das auch schon spätestens seit Boyfriend nicht mehr, aber auch eine Avril kann uns noch überraschen, denn Texte wie „Mom’s not home tonight, so we can roll around, have a pillow fight, like a major rager OMFG! Let’s all slumber party, like a fat kid on a pack of Smarties oder Let’s play truth or dare now, we can roll around in our underwear how every silly kitty should be“ müssen einem auch einmal einfallen. Und weil scheisse sein ja inzwischen Kunst ist, darf man das natürlich nicht auf die leichte Schulter nehmen, also besser Verstärkung holen. Ja, es braucht 4 (vier!) Songschreiber um etwas so Schwachsinniges fertigzustellen. Zu wievielt man an dem literarischen Erguss von Refrain („Come come Kitty Kitty, you’re so pretty pretty, don’t go Kitty Kitty, stay with me Come come Kitty Kitty, you’re so silly silly, don’t go Kitty Kitty, play with me“, ja, es ist ein bisschen Gwen Stefani trifft auf The Big Bang Theorys Soft Kitty) gebastelt hat ist dabei übrigens nicht bekannt.
Einer der begnadeten Texter und/oder verantwortlich für das, was sich da auf akustischer Ebene abspielt (es Musik zu nennen, wirkt zu diesem Zeitpunkt noch immer zu befremdlich) ist übrigens Lavigne-Ehemann und Nickelback-Sänger Chad Kroeger. Way to go Chad, der Hello Kitty Song und das damit unweigerlich verbundene zuckerlrosa, kleinmädi Video mitten im knallbunten Japan-Kitsch hilft dem Rockerimage natürlich wahnsinnig. Hat sich wohl schon lang keiner mehr so richtig über Nickelback lustig gemacht, hm?
Gut, schlechte Musik (na gut, sagen wir eben Musik) für viel Geld schreiben ist ja noch irgendwo verständlich, ja wirklich. Aber wie macht man denn mit so etwas Geld? Wer braucht das? Wer will das? Avril-Fans? Unwahrscheinlich. Der Mainstream-Pop? Nein, der hat Taylor Swift. Die kleinen Mädchen, die gern rebellisch wären und bunte Haare hätten, aber noch überlegen? Nein, die haben Katy Perry. Die kleinen Mädchen, die schon ernsthaft in Erwägung ziehen, sich das mit dem rebellisch sein mal näher anzuschauen? Nein, die haben Miley Cyrus. Also wer bitte braucht eine knapp 30-jährige Pophüpfdohle, die irgendwann mal trotzig und cool war, dann die Pubertät überwunden hat, Nietengürtel und Skateboard gegen rosa Strähnchen und Tüllröckchen getauscht hat um billigen Plastikpop zu machen und den wiederum als rockig und rotzig zu verkaufen!? Das ist Banane auf so vielen Ebenen, dass hoffentlich nicht einmal der einzig übrig gebliebene Kandidat auf der Liste der Zielgruppen darauf anspringt – der asiatische Musikmarkt.
In diversen Interviews erklärt Lavigne selbst übrigens die Doppeldeutigkeit von Hello Kitty, wie die Nummer selbst sehr „flirtatious and somewhat sexual“ ist, gleichzeitig geht es aber auch nur um eine Pyjamaparty und „loving the kitty“. Liegt nahe, Hello Kitty, flirten, Sex, offensichtlich.
Aber abgesehen davon ist der Song einfach nur Fun. Und die Lyrics sind Fun. Und ihn singen macht soviel Fun. Und die Lavigne’schen Freunden finden ihn auch ganz toll. Und Fun. Das ist dann der Zeitpunkt, wo es nicht nur Zeit für neue Freunde, sondern auch einen neuen Sinn für Fun, äh, Humor ist.