Quellen des Lebens
Oskar Roehler inszeniert ein Deutschland der Nachkriegszeit 1949 – Jürgen Vogel als Erich Freytag betritt eine Siedlung auf der Suche nach seiner Frau und den Kindern. Es ist jedoch nicht seine Geschichte, die wiedergegeben wird, sondern vielmehr die seines Sohnes Klaus (hauptsächlich von Moritz Bleibtreu dargestellt) und eigentlich erzählt Robert, der Enkel von Erich…
Das ganze Familiendrama kann man demnach nicht in 90 Minuten abdrehen, sondern braucht fast drei Stunden dafür. Dabei werden aber auch die noch so kleinen Details nicht vernachlässigt. Insgesamt verarbeitet der Film wichtige politische Zeiten und endet bei der hoffnungsvollen Flower Power, die endlich mit einigen Klischees zu brechen scheint.
Robert Freytag, zuletzt gespielt von Leonard Scheicher, erzählt die Geschichte seines Großvaters und Vaters, und damit auch seine eigene. Als stark vernachlässigtes Kind zweier Exzentriker ist das Internat gewissermaßen seine Rettung. Die Mutter eine verrückte Schriftstellerin (Lavinia Wilson), die sich nichts um das Kleinkind schert, weil sie lieber schreibt, der Vater (Moritz Bleibtreu) schafft Geld beim Rundfunk herbei und will dem Jungen nur Milch verabreichen. Irgendwann muss es ein Unglück geben und Robert wird von seinen Großeltern Erich und Elisabeth Freytag (Jürgen Vogel und Meret Becker) aus dem Italienurlaub ins großelterliche Haus gebracht. In der Nachbarschaft lernt der Junge dann seine erste Liebe kennen und bricht als 17-jähriger Junge mit „I’d Love You to Want Me“ aus der Misere aus.
Jürgen Vogel stellt sich in dieser Verfilmung mal nicht komisch, wie man es ja meistens von ihm gewohnt ist. Bei der ersten Szene schon hat man Mitleid mit ihm, denn ohne Zähne und mit ziemlich langen ungepflegten Haaren wirkt er absolut bedauernswert. Besonders auch dann, wenn man das Verhältnis zwischen ihm und seiner Schwester Marie (Sonja Kirchberger) betrachtet, das nur so von Hass erfüllt ist. Moritz Bleibtreu ist überzeugend – nicht wie gewohnt, sondern wirklich überzeugend.
Der Schauspieler dürfte in seiner Rolle aufgegangen sein und die Filmcrew hat tolle Arbeit bei der schnellen Alterung geleistet – man nimmt ihm den Klaus Freytag sowohl als jungen Mann als auch als gescheiterten Schriftsteller ab. Lavinia Wilson spielt Klaus‘ Frau Gisela und stiehlt ihrem Mann die Show wenn’s ums Schreiben geht, was eigentlich sein Metier ist. Außerdem ist sie ziemlich verrückt, was sie von ihrer Filmmutter Hildegard Ellers (Margarita Broich) doppelt vererbt bekommen haben muss. Immer, wenn diese auftritt, hat man das Gefühl, in einem Theaterstück der Löwinger-Bühne zu sitzen.
Ein linear erzähltes Familiendrama, das manchmal Retrobilder erzeugt, sogar als Komödie wahrgenommen werden kann und einen Beitrag zur Populärkultur leistet, umspielt und untermalt mit alten Hits und tatsächlichen politischen Ereignissen – quasi mit allem, was so in 173 Minuten reinpasst. Langweilig wird’s nicht, die emotionale Steigerung geht von hart über sehr hart bis weich und endet im 70er-Jahre-Schmus, was der Film schlussendlich auch braucht, damit das Publikum zufriedengestellt nach Hause gehen kann.
Produziert wurde Quellen des Lebens übrigens von X-Filme Creative Pool, die unter anderem auch Cloud Atlas, Liebe, Das Weisse Band, Good Bye, Lenin! oder Lola Rennt herausgebracht haben.
Regie & Drehbuch: Oskar Roehler, Darsteller: Jürgen Vogel, Meret Becker, Moritz Bleibtreu, Lavinia Wilson, Leonard Scheicher, Sonja Kirchberger, Laufzeit: 173 Minuten, Kinostart: 14.02.2013, www.quellendeslebens.x-verleih.de