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Nintendo Switch 2: Qualität statt Revolution

Wenn man 30 Jahre jeden Nintendo-Launch mitgemacht hat, hat man schon einiges erlebt. Eine neue Konsole, das heißt meistens ein Feuerwerk an Marketing, das Skizzieren eines Fiebertraums von Möglichkeiten weit abgehoben jeglicher praktikabler Fakten.

Parallele Realitäten tun sich auf, in denen wir mit dem 3DS herumlaufen, um 3D-Fotos zu machen; in denen wir die Switch in der schicken Bobo-Maisonette aufstellen, um mit 10 Freunden gleichzeitig auf dem portablen Bildschirm Mario Kart zu zocken. Als Gamer haben wir gelernt, das alles zu ignorieren und frei nach der Devise „Es zählen die Spiele“ auf den Softwarenachschub zu blicken. Aber die geschäftliche Realität für den Hardware-Entwickler Nintendo ist eine andere: 150 Millionen verkaufte Konsolen, dahinter steckt mutmaßlich der Casual-Gamer, der sich eine Konsole kauft, ein Monat Zelda mit einem Spieleberater durcharbeitet und sie danach für immer im Keller verstaut. Für diesen Casual-Gamer gibt es zwischen Wii Sports und der Wii selbst keinen Unterschied. Er stellt seine Switch ein einziges Mal zur Geburtstagsparty auf und hat den Akku seit der Pandemie nicht mehr geladen.

Nintendo Switch 2: Evolution statt Revolution

Wenn man also Nintendo-Hardware im Regelfall ein wenig als Spielzeug ansieht, so ist das nicht, weil Nintendo einfach minderwertige Hardware produziert, sondern vielmehr ist es das Wechselspiel aus Casual-Verbrauchern, die sich schlicht und einfach Wegwerf-Elektronik leisten und einem Hersteller der weiß, wie man Millionen an Konsolen über den Ladentisch bringt. Für diesen Verbraucher ist es egal, dass seit mehreren Generationen alle Nintendo-Devices Finger-Krämpfe auslösen. Es stört ihn nicht, dass sich ein Wii U-Gamepad anfühlt wie ein Fischer Price Baby-Spielzeug. Es ist ihm egal, ob sich die Joycons nach hundert Stunden abnutzen,  weil sein Gerät ohnehin niemals in Gebrauch ist.

Paradoxerweise finden wir auf der anderen Seite aber die echten Hardcore-Gamer, die den Diskurs über ein Spiele-Device anführen und für die Nintendo trotz allem über Jahre hinweg Spielnachschub produziert. Und diesem Spiele-Nerd mag es vielleicht ein wenig langweilig werden, dass eine Nintendo-Konsole immer hinter den Erwartungen zurückbleibt. Die Switch selbst war da das beste Beispiel: wie immer, auf dem Papier ein Geniestreich. Der Alltag sah aber anders aus: Furchtbare Spiele-Performance, brüchige Hardware, nicht einmal der eigene eShop lief auf dem System ohne grobe Schwierigkeiten.

Nintendo Switch 2

Im Alltag ist die Switch über die Jahre also rapide gealtert. Und in diesem Kontext kommt nun die Switch 2, welche für den Hardware-Hersteller einen Paradigmen-Wechsel darstellt, heraus: Die Switch 2 kommt ohne große Versprechen daher. Kaum Neuerungen im Gepäck merkt man nach kurzer Zeit, dass es sich dabei eigentlich nur um eines handelt: Die Switch 2 ist die Switch 1, aber diesmal qualitativ hochwertig umgesetzt.

Hardware-Qualität: Endlich auf Premium-Niveau

Alle Komponenten fühlen sich wunderbar an, die Joycon-Controller liegen hervorragend in der Hand, der Screen strahlt, der Sound fetzt, die Grafik wirkt zeitgemäß. Wirklich jeder kleinste Mangel, der in der Handhabung mit der Switch 1 aufgefallen ist, ist mit chirurgischer Präzision abgeschliffen worden. Nach einer Woche mit dem Gerät wird klar: Die Switch 2 ist keine Revolution. Keine Neu-Erfindung, kein Innovations-König: Die Switch 2 ist einfach ein komfortabler, hochwertiger Wegbegleiter, der dazu geschaffen wurde, um Jahre lang in Gebrauch zu bleiben. Normalerweise wird schon in den ersten Tagen mit einem Nintendo-System klar, was nach kurzer Zeit nerven wird, und bei der Switch 2 findet sich in dieser Hinsicht nichts.

Auch in diesem Sinne präsentiert sich die neue Online-Philosophie: keine Ecken und Kanten. Voicechat funktioniert dank integrierten Chip unproblematisch: Alles außer den Stimmen wird verlässlich gefiltert und Headsets sind nicht weiter notwendig. Kameras liefern kleine Spieler-Details, egal wo und wie die Kamera im Raum platziert wurde. Das einzige Problem ist, dass es schlicht und einfach kein seriöses Spiele-Lineup für 2025 gibt. Man kann nun spekulieren, dass Nintendo eben gerne die Karten verdeckt hält, aber für eine Neuanschaffung gibt es zurzeit neben Mario Kart World und Donkey Kong Bananza noch kaum Gründe. Und so findet sich die größte Freude am System nicht in den Nintendo Directs oder irgendeinem Trailer.

Performance-Boost: 60fps für Switch-Klassiker

Die geheime Freude an der neuen Konsole ist es, zumindest zu Beginn, den alten Switch-Katalog zu durchforsten und zu sehen, welche Spiele jetzt endlich flüssig laufen. Jeder Titel, der keine vom Entwickler künstliche Obergrenze verpasst bekommen hat, läuft theoretisch mit flüssigen 60fps. Es sind die Bayonettas, die Fire Emblems und die Pokémon, die die wahren Stars des Switch 2-Launches darstellen. Spiele wie Deadly Premonition 2, Shin Megami Tensei 5 oder Neo The World Ends with You erhalten ein neues Leben und laden zum Ausprobieren ein. Die Auflösung scheint leider nicht zu skalieren und muss von den Entwicklern mit einem extra Patch nachgebessert werden, aber trotzdem entfaltet der Ausprobiereffekt eine Faszination, die man sonst nur von Emulatoren kennt.

Erstmals laden die Spiele auch in Minuten auf das mit schnellerem Speicher ausgerüstete System. Ladezeiten halbieren sich mühelos und es macht wirklich Spaß, ein paar altgediente Klassiker nochmal anzuspielen. Die 4K-Auflösung und der HDR-Support sind 2025 zwingend notwendig. Nebenbei scheint das System aber ein klein wenig Portabilität eingebüßt zu haben: Das größere Format passt in noch weniger Taschen und die Akkulaufzeit hält sich im Test mit Cyberpunk 2077 mit 2 Stunden in Grenzen. Für Nutzer, die das Gerät aber primär in den eigenen vier Wänden nutzen, ist das aber überhaupt kein Problem.

Fazit: Solide Basis für die Zukunft

Die Switch 2 wird wohl einen langsamen Start hinlegen. Wenig Software-Nachschub, der Großteils über das Nachrüsten bereits erschienener Software die Zeit vertreiben wird. Aber eigentlich ist das auch ok: Der vorhandene Switch-Katalog, der diesmal beinahe vollständig erhalten bleibt, öffnet sich endlich für ein Publikum, das vielleicht bisher mit der gealterten Nintendo-Hardware wenig anfangen konnte. Mit der Switch 2 ist Nintendo ein gutes Stück erwachsener geworden und darf sich nun anschicken, im Laufe der nächsten Jahre auch mit Spielenachschub zu überzeugen.

In der Zwischenzeit hat man Freude mit einem der solidesten Systeme, die Nintendo jemals zusammengebaut hat. Hoffentlich hat Nintendo es diesmal geschafft, dass nicht 100 Millionen Einheiten praktisch aus dem Laden in den Müll wandern.




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