Juliette – Gespenster kehren im Frühling zurück
Camille Jourdys neueste Graphic Novel erzählt von Juliette, die von Angst- und Panikattacken gequält wird. Sie reist von Paris in die Kleinstadt ihrer Kindheit. Dort trifft sie auf ihre verkrachte Familie. Die Mutter hat den Vater verlassen, lebt mit einem jungen Hippie zusammen und versucht sich als Künstlerin selbst zu verwirklichen. Der Vater lebt als kettenrauchender Zyniker hinter seiner Zeitung. Und die ältere Schwester Marylou betrügt ihren Mann um ein bisschen Farbe in ihr eintöniges Familienleben zu bekommen. Und zudem lernt Juliette den abgehalfterten Trinker Polux kennen. Zwischen den beiden Außenseitern entsteht eine zarte Bande …
Camille Jourdy liefert mit Juliette – Gespenster kehren im Frühling zurück eine weitere, famose Arbeit ab. Es ist ihre dritte Graphic Novel bei Reprodukt. Voran gingen der süße Kinder-Comic Die Vunderwollen und nach Rosalie Blum ist Juliette die zweite Erzählung für Erwachsene auf Deutsch. Wer die Künstlerin noch nicht kennt: Jourdy zeichnet einfache Bleistiftzeichnungen, die sie bunt ausmalt und die einen leicht naiven Eindruck vermitteln. Ihre Geschichten sind geprägt von einem wohlkomponierten Aufbau. Bei aller Tragik fliegt aber auch immer ein subtiler Humor mit.
Juliette ist eine tief- und hintersinnige Geschichte, über Menschen am Rande des Nervenzusammenbruchs. Also ein perfektes Pastiche unserer Gesellschaft. Die Niedlichkeit der Bilder, kann dabei zu keiner Sekunde über die Abgründe der Story und der Charaktere hinwegtäuschen. Und auch wenn (oder gerade weil) am Ende von Juliette keine einfachen Lösungen präsentiert werden und vieles in der Schwebe bleibt, werden wir mit einem angenehmen Gefühl entlassen. Mit Bildern die einen schmunzeln lassen und lange nachwirken werden. Juliette ist die traurigste Komödie und die lustigste Tragödie in Comic-Form, die man sich derzeit kaufen kann. Sehr schlau. Und sehr charmant.
Juliette – Gespenster kehren im Frühling zurück von Camille Jourdy, 240 Seiten, erschienen bei Reprodukt.