Die Mutterfresserin
Buenos Aires im Jahr 1907. In einer Heilanstalt forschen eine Reihe bedenkenloser, unethischer Ärzte an todkranken Personen, um Antworten zu erhalten auf die Frage, was mit uns allen nach dem Tod passiert. Grausige Experimente werden an den ahnungslosen Patienten ausgeführt. 100 Jahre später will ein argentinischer Künstler seinen eigenen Körper in ein Kunstobjekt transformieren.
Der Preis für den größten literarischen Wtf-Moment geht heuer an den Festa Verlag mit der Veröffentlichung Die Mutterfresserin des argentinischen Autors Roque Larraquy. Der Roman erschien bereits 2010 in Argentinien und liegt nun frisch in deutscher Übersetzung vor. Die Mutterfresserin ist eine Groteske, die durchaus literarisch anspruchsvoll, geradezu kunstvoll geschrieben ist. Das macht diesen Kurzroman aber mitunter auch recht anstrengend zu lesen. Kleine Kostprobe?
Obwohl ich nicht will, nehme ich die Sache ernst. Warum sollte ich nicht wollen? Da sind die Möglichkeiten mit den geringsten Kosten, die schnellen, die ohne Weg zurück, die falschen, die ausweichenden. Ein bisschen weiter hinten noch, da bin ich, der stets an die Männlichkeit der Entschlusskraft geglaubt hat. Merkwürdige Anrufung des Testosterons.
Ganz ehrlich – ich habe keine Ahnung, was ich gerade gelesen habe. Und welches Genre hier bedient wird. Und welche Leserschaft letztlich davon angesprochen werden soll. Der erste Teil der Geschichte geht als medizinische Horror–Satire durch. Etwas krampfig wird die Prosa durch den ungebremsten Gebrauch medizinischer Fachtermini. Der zweite Teil hat dann für besondere Ratlosigkeit gesorgt – bevor man dann in den letzten 10 Seiten doch noch erfährt, wie das alles zusammenhängt. Und was es mit dem Titel auf sich hat.
César wächst zu einem großsprecherischen und verwöhnten Söhnchen mit einer Neigung zu schlechtem Benehmen, Hautkrankheiten, Prostituierten und Mussolini heran, die ihn zu jener Art von pittoreskem Großvater machen, die innerhalb der Familienmythologie dank schrecklicher Anekdoten überlebt.
Es kann sein, dass das Buch in der Nachwirkung plötzlich brillant wird – oder dass man es in wenigen Wochen wieder komplett vergessen hat. Vielleicht muss man das Ganze auch ein zweites Mal lesen um es voll zu erfassen? Alles ist möglich. Fürs erste hat Die Mutterfresserin aber vor allem für Stirnrunzeln und Kopfkratzen gesorgt. Für Leser*innen, die gerne mal etwas ganz anderes konsumieren, aber sicher ein interessanter Snack für Zwischendurch.
Die Mutterfresserin von Roque Larraquy, 190 Seiten, erschienen im Festa Verlag.