Freibeuter des Todes
Liebe Filmfreunde des verlorenen Schatzes, willkommen zurück zu einer neuen Ausgabe Wonne aus der Tonne. Es ist natürlich immer leicht sich über Filme lustig zu machen, die von Grund auf mit keinen guten Voraussetzungen ausgestattet sind. Etwa kein oder kaum Budget, Mimen aus der B- und C-Ecke, schlechte Drehbücher, etc. … Aber wer sich über so etwas lustig macht, hat wohl auch die dicken Kinder in der Pause gemobbt. Viel lustiger ist es doch, wenn eine Produktion mit viel Kohle und richtig großen Namen – vor und hinter der Kamera – komplett in die Binsen geht, oder?! Eben. Willkommen zu Freibeuter des Todes!
In der Karibik verschwinden immer wieder Passagiere auf Touristen-Booten spurlos. Der New Yorker Journalist Blair Maynard (Michael Caine) reist zusammen mit seinem 12-jährigen Sohn Justin dort hin, um dem nachzugehen. Bald werden sie von degenerierten Nachkommen von Piraten gekidnappt, die auf einer Insel seit 300 Jahren Inzucht treiben – man merkt es ihnen an. Sie sprechen und gebärden sich seltsam, unterziehen Justin einer Kopfwäsche und verurteilen Blair zum Tode. Der versucht zu flüchten – das misslingt. Am Schluss kommt die Küstenwache und es gibt ein grausames Gemetzel.
Okay. Erst mal tief durchatmen. What. The. Actual. Fuck? Was hab ich da gesehen? Was war das? Und war das wirklich, wirklich ernst gemeint? Die bittere Antwort ist: Ja. Leider.
Freibeuter des Todes, im Original The Island, ist ein amerikanischer Action-Abenteuer-Horror-Murks von Regisseur Michael Ritchie. In der Hauptrolle sehen wir Sir Michael Caine, der hier mit Hornbrille aussieht wie Woody Allen auf Steroiden. Das Drehbuch verfasste Peter Benchley nach seinem eigenen Roman (der dem Vernehmen nach sogar recht anständig sein soll). Peter Benchley war dank Steven Spielbergs Verfilmung zu Der weiße Hai (Jaws, USA 1975) für ein paar Jahre in Hollywood zu einer echten Marke geworden. Die Verfilmung von Die Tiefe (The Deep, USA 1977) konnte zwar nicht den gleichen Erfolg einfahren, gilt aber weithin als gelungen. Mit Freibeuter des Todes hatte er sein filmisches Todesurteil unterzeichnet. Erst 16 Jahre später, 1996, traute man sich mit der TV-Verfilmung The Beast an einen weiteren Benchley-Stoff. Der Erfolg blieb auch da aus.
Doch zurück zu den Freibeutern. Was hier in knapp zwei Stunden Film geboten wird, passt auf kein Schiffssegel. Inzestuöse Piraten kidnappen Touristen zwecks Samenspende zur Fortpflanzung. Aha. Und dann sprechen sie wie geistig schwer Zurückgebliebene. Und am Schluss dreht Michael Caine voll auf und metzelt – blutigst! – alle Piraten wie im Rambo-Modus nieder. Ernsthaft. Muss man gesehen haben. Dafür gab es zwei Nominierungen bei den goldenen Himbeeren – für Michael Caine und für Regisseur Michael Ritchie.
Dabei ist das alles hier bestens gemacht. Effekte, Kamera, Settings, Musik (Ennio Morricone!) – alles strahlt Big Budget aus. Und allein dafür muss man die Macher würdigen. Es kann davon ausgegangen werden, dass niemand wirklich dachte, dass das hier massentauglich ist. Dafür ist das alles einfach zu weit weg von den üblichen Sehgewohnheiten. Und zu brutal. So bleibt der Film ein echtes Kleinod. Seltsam. Total bescheuert. Und irgendwie wirklich faszinierend. Am besten mit einer Flasche Rum zu genießen.
In diesem Sinne: Yo Ho Ho – und bleibt seltsam!
Freibeuter des Todes
OT: The Island, USA, 1980, Regie: Michael Ritchie, Drehbuch: Peter Benchley, Mit: Michael Caine, David Warner, Angela Punch McGregor, u.a.
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