Kiss the Cook
“Ich möchte die Leben der Menschen berühren, mit dem was ich mache!” Diese Quote aus dem Film Kiss the Cook (Originaltitel: Chef) war wohl auch das Motto, als sich Writer/Director/Actor Jon Favreau nach dem Iron Man-Duett nun mit diesem Indiefilm wieder zurück an seine Wurzeln besann. Ein gelungenes Menu aus Vater-und-Sohn Zusammenführung, Lebenskrisenbewältigung und kulinarischer Reise durch die südliche USA.
Carl Casper (Favreau) lebt einerseits seinen Traum als Chefkoch in einem renommierten Restaurant in LA, andererseits ist er frustriert, da ihm jegliche kreative Freiheit genommen ist. Besitzer des Lokals (Dustin Hoffman) lehnt Neuerungen strikt ab, was nach dem Besuch eines angesehenen Restaurantkritikers zu einem Wutausbruch führt, der auf Twitter und Youtube viral geht. Zusammen mit Ex-Frau Inez (Sofia Vergara, die mit einer überraschend ruhigen Darstellung der Mutter überzeugt) und den, durch den ständig abwesenden Vater Carl, oft enttäuschten Sohn Percy (Emjay Anthony), findet Carl Casper in Miami zu seinen Wurzeln zurück und startet in einem Food-Truck neu durch. Auf dem Road-Trip, der dank der Twitter-Affinität Perceys zum Erfolg wird, finden Vater und Sohn wieder zusammen.
Gastauftritte von weiteren Hollywoodstars wie Scarlett Johannson, die Favreau in einer an Titanics Kohlezeichen-Moment erinnernden Szene bekocht und Robert Downey, Jr., der als Ex-Mann der Ex-Frau den Film mit einem klassischen Tony Stark Moment auflockert, bereichern das Ensemble ebenso, wie Martin (John Leguizamo) mit seiner gut gelaunten Darstellung des Sous-Chefs.
Der Besuch dieses Films ist jedoch nur nach einer ausgiebigen Mahlzeit zu empfehlen, denn schon nach den ersten paar Einstellungen wird klar, dass die farbenfrohen Bilder von Kameramann Kramer Morgenthau einem das Wasser im Mund zusammen laufen lassen werden. Favreau zelebriert die Liebe zu den Lebensmitteln und der Speisenzubereitung quer durch Amerika und zeigt einem dabei die Highlights aus Little Havanna, Miami, Austin, Texas und New Orleans, Lousiana, die beim nächsten US-Urlaub ganz oben auf der Liste stehen sollten.
Zum Vehikel für die „Phönix aus der Asche“-Geschichte wird das Social-Network. Twitter, das vor allem in Amerika starken Zulauf hat und mittlerweile Werkzeug der täglichen Kommunikation ist, wird hier außerordentlich stark hervorgehoben. Doch ebenso wie die sich Ende des zweiten Akts in die Länge ziehende Story wirken auch diese grafischen “Wir blenden Twitterboxen und Feed in das Bild integriert ein”-Momente überflüssig und erinnern einen nur allzu stark, dass man sich einen Film ansieht.
Ebenso Vorhersehbar, wie der im Film so kritisierte Lava-Cake, ist das Ende. Was nicht bedeuten soll, dass es deshalb weniger gut schmeckt. Und vielleicht kann man es auch genau deshalb so besonders genießen, ohne Angst vor bösen Überraschungen zu haben. Wenn man Kiss the Cook auf die Karriere von Favreau umlegt bleibt zu hoffen, dass er sich ein Beispiel an seiner Figur Carl Casper nimmt und mit einer geschmackvollen Palette an Zutaten und neuen Ideen die Grundlage für viele kulinarische Köstlichkeiten gelegt hat und mit dem besonderen Etwas die nächsten Jahre überzeugen wird – anstatt das immer selbe Menu zu verkochen.
Regie und Drehbuch: Jon Favreau, Darsteller: Jon Favreau, John Leguizamo, Bobby Cannavale, Sofía Vergara, Scarlett Johansson, Filmlänge: 114 Minuten, Kinostart: 29.05.2015, chefthefilm.com, gezeigt im Rahmen des Filmfest München 2014