Mile Me Deaf – Eerie Bits of Future Trips
Wolfgang Möstl ist eines jener musikalischen Ausnahmetalente, die offenbar alles können. Entweder das, oder er hat wirklich ein wahnsinnig glückliches Händchen, wenn es um zufällig zusammengemischte Sounds, wohl durchkomponierte Samples und die Kombination verschiedenster Klangfarben geht. Wir glauben aber eigentlich eher an Erstgenanntes.
So hat genannter Genius einfach einmal die neueste Platte des 2004 gegründeten Projekts Mile Me Deaf im Alleingang eingespielt – und sich dabei wahrlich nicht lumpen lassen. Als hätte er sich nicht entscheiden können, ob er dem klassischen Indierock fröhnen will, oder doch lieber ins schwarze Noise-Meer kippt, hat er kurzerhand einfach beides gemacht. Wie das auf einem einzigen Album, das gerade einmal zehn Tracks umfasst, gehen soll? Eerie Bits of Future Trips macht es vor. Und es klingt hervorragend.
Eröffnet von Digital Memory File und Extended Fraud springt das Rock’n’Roll-Herz der 60er Jahre – doch auch das Indieherz der 90ies: Supergrass haben selten besser geklungen. Eingängige Hooks, schön geschlagene Gitarrenriffs, eine saubere, klare Stimme und lakonisch-intelligente Texte. Man ist also ziemlich schnell schon gefangen in den ersten Tracks dieses Albums, Massentauglichkeit garantiert. Wolfang Möstl treibt die gute Laune und gewinnbringende Schiene weiter, Capable Ride und Living in a shrinking hell appellieren ebenso an unsere naive Freude an tollen Melodien, die so einfach wie grandios sind.
Der schon erwähnte Bruch findet dann so ziemlich genau in der Mitte statt: Off the core will dann nicht mehr so schön-gemütlich dahinprasseln. Man erkennt schnell die Klangspielereien, die in der zweiten Hälfte des Albums besonders wichtig und markant werden. Ein Rasseln, ein Rauschen. Geheule, Geschrammel, Stakkato. Zodiac entwischt dann absolut der poppigen Attitüde, den die ersten zwei Nummern eigentlich eingeläutet haben. Hier wird in ever repeat die Zeile „We are not functional while listening to tapes“ abgespult, ohne Höhen und Tiefen, begleitet von beklemmter Klangkulisse.
Der Ausflug in die experimentelle Noiserock-Schiene zieht aber seine weiteren Kreise: Seekers schließt sich ähnlich an, wenn auch wieder melodielastiger. Pose and move soll den Hörer wohl noch einmal versöhnlich stimmen, bevor mit Headnote#1 die Experimentierfreude zur Spitze getrieben wird: ein instrumentales Stück schließt die Platte, es dröhnt beinahe zehn Minuten lang vor sich hin, um dann in verstörenden Geräuschen wie Rasseln und Hundegebell leise zu verenden. Verenden, jawohl: betont wird die hypnotische Grundstimmung dieses letztgereihten Monsters durch die Loops, die es Wolfang Möstl auf diesem Album überhaupt angetan haben. Klangspielereien treffen auf Melodien, manchmal gewinnt der eine, dann wieder der andere.
Mit diesem Album von Mile Me Deaf ist ein kleines Wunderwerk gelungen, das so überraschend und geheimnisvoll wie überzeugend ist. Future tripping: wir gratulieren.
Mile Me Deaf – Eerie Bits of Future Trips, Siluh Records, www.milemedeaf.com