Blitzkids mvt. – Silhouettes
Durchtanzte Nächte haben es so an sich, dass man irgendwann keuchend an der Bar lehnt und sich mal wieder in aller Schnelle den Kopf zerbricht, was denn nun den durchzappelten Körper wieder auf Touren bringen soll…
„Champaign, cocaine, whiskey, from now I take it easy. Smoke wheat, something sweet, I don’t need vodka, I only want WATER!“ schallte es 2010, passend und wie als Soundtrack, aus den Boxen der Clubs und weckte den Wunsch nach kaltem, klaren Wasser und rhythmischem Zucken. Ein selbstbewusstes Statement gegen die Konventionen der Clubkultur. Water ließ die müde Elektropop-Gemeinde aufhorchen und entführte durch flirrende, knirschende, leicht düstere Sounds und Bässe von Produzent Petone und der hellen Stimme von Sängerin Nomi in die Welt von Blitzkids mvt. (sprich engl. „movement“). Das Künstlerkollektiv aus Berlin steht dabei für elektronische Popmusik mit Stil statt Pose, für Haltung ohne Banalität.
Blitzkids mvt. heißt aber auch, sich große Epigonen auf die Fahne schreiben. Blitz Kids, so nannte sich Anfang der 80er Jahre eine Gruppe von Leuten, die regelmäßig im „Blitz“, einem Londoner Club, verkehrten. Unter ihnen Kraftwerk, Spandau Ballett, Steve Strange, Boy George und Vivienne Westwood. Sie alle prägten als Teil der New Romantics, eine Gegenbewegung zum destruktiven Punk. Eine junge Avantgarde, die sich gegen die Konventionen der Zeit formierte, um durch Musik und Fashion – schrille Outfits mit grellem Make-up – das System nach ästhetischen Grundsätzen umzuformen.
Wie die erste Generation stehen auch Blitzkids mvt. mit den aufwendig designten Bühnenoutfits und der flächigen Optik der Videos in der Tradition von Kraftwerk, Vivienne Westwood, David Bowie und vor allem der schillernden Figur des deutschen Opernsängers Klaus Nomi, auf den der Name Sängerin verweist. Das kürzlich erschienene Debütalbum Silhouettes bildet den Status quo der Entwicklung der Band ab und vereint den selbstbewussten, experimentierfreudigen Elektropop von Produzent Petone mit der charismatischen und dennoch sanften Stimme von Sängerin Nomi.
Auf den Opener Water folgen auf dem Album weitere knackige Club-Hits, wie die zweite Auskopplung Blinded und die aktuelle Single Heart on the line, die auf eingehende Refrains und auf verspielte, treibende Synthie-Sounds setzen. Bleibt ein einziger kleiner Kritikpunkt in Form eines sanften Aufmerksamkeitsabfalls beim Hören ab der gefühlten Hälfte der Platte. So hat das Album dann doch ein paar kleine Schwächen durch Songs wie Mirror oder Cold, die im Vergleich zu Heart on the line und Water ein bisschen zu glatt dahinplätschern.
Dennoch ist Silhouettes ein gelungenes Debüt und Blitzkids mvt. insbesondere eine „multisensorisch“ reizvolle Band, ein Gesamtkunstwerk aus Musik, Fashion und Ausdruck. Denn die Songs sind nicht komplett ohne den optischen Eindruck der Videos, Outfits und der „Kraftwerk“-esken Bühnenshow.
Blitzkids mtv. – Sihouettes, Warner Music, www.blitzkids.eu