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SimCity

Dass sich das lange Warten auf Fortsetzungen nicht immer lohnt, hat letztes Jahr bereits Blizzard mit Diablo III (zur Kritik) eindrucksvoll bewiesen. Umso größer ist deshalb die Sorge um den neuesten Titel aus Maxis‘ SimCity-Reihe, steht dieser doch unter ganz ähnlichen Vorzeichen.

Nicht nur, dass sich Fans über zehn Jahre gedulden mussten – nein, es war kurz nach der offiziellen Ankündigung letztes Jahr bereits erstmals von Online-Zwang die Rede, oder optimistischer formuliert: von einem riesigen – und vor allem – ständigen Multiplayer-Modus. Sensibilisiert durch den damals gerade aktuellen und furchtbar danebengegangenen Diablo-Launch waren die Anhänger der Städtebau-Simulation natürlich verunsichert, doch man war sich sicher: Publisher EA wird aus den Fehlern der Konkurrenz gelernt haben.

Bevor der Sinn dieses Features hinterfragt werden soll, gibt es natürlich auch eine ganze Menge erwähnenswerter Änderungen abseits der Multiplayer-Zwangsbeglückung. So schafft es das neue SimCity, mit einer bisher unerreichten Simplizität sehr komplexe Vorgänge spielbar zu machen. Unterstrichen wird diese Einfachheit von der viel-kritisierten Stadtgröße, die eher an ein Grätzel als an eine Metropole erinnert. Man fängt mit einer einfachen Straße an, platziert die aus den Vorgängern bekannten RCI-Bereiche (Wohn-,Gewerbe- oder Industriezonen) und wartet. Kurze Zeit später haben die soeben zugezogenen Sims Bedürfnisse, die gedeckt werden müssen, und man fängt an zu optimieren.

Optimierung ist der Kern des neuesten Teils der knapp 24 Jahre alten Serie, also aus dem zur Verfügung stehenden Platz einfach das Beste herausholen. Unter diesem Gesichtspunkt verschmerzt man dann vielleicht auch die fehlenden Terraforming-Tools: Ein Berg lässt sich eben nicht einfach abtragen, sondern ist im Weg und wird damit unweigerlich zum Hindernis. Im Gegenzug freut sich der Bürgermeister zum Beispiel über reiche Erz-Vorkommnisse, die in den neuen Stadt-Spezialisierungen eine wichtige Rolle spielen. Jede Stadt hat einen oder mehrere Vorzüge, die auch die unvorteilhafteste Geologie erträglich machen soll – oder zumindest für das richtige Einkommen sorgt.

 

Es ist vielleicht nur ein Detail, aber die von vielen Fans vehement geforderte Möglichkeit, auch andere Straßenformen, wie zum Beispiel Kurven zu ermöglichen, wurde eingebaut – mit allen Hürden, sie sich daraus ergeben. Das Straßen-Tool arbeitet dabei oft gegen den Spieler, ganz besonders dann, wenn man auf die klassische Anordnung von Häuserblöcken setzen will. Um das Optimum aus der eigenen Stadt herauszuholen ist diese nämlich noch immer vorteilhaft – ganz zu schweigen davon, dass das Stadtbild auch mit Straßenbau nach Pariser Vorbild noch immer sehr nach amerikanischer Suburbia aussieht.

Optisch kann SimCity überzeugen, und das gleich auf zwei verschiedenen Ebenen: Zum einen ist da die Darstellung von Gebäuden, auf die man jetzt stufenlos zoomen kann – was viel öfter Großstadtfeeling vermittelt, als dies aus der Vogelperspektive der Fall ist. Zum anderen ist es aber eines der Kernstücke der alten SimCity-Teile, das sich die Entwickler aus dem Hause Maxis zu Herzen genommen haben: Statistiken. Die grafische Darstellung von Zahlen auf der Karte funktioniert hervorragend und macht eine unüberschaubare Menge an Informationen plötzlich sehr greifbar. Diese Vereinfachung von komplexen Zusammenhängen ist auch in der Benutzeroberfläche zu spüren und ist zweifelsohne die wirkliche Stärke des neuen SimCity.

Wenn man es denn nur spielen könnte. Nein, EA hat nicht aus den Fehlern von Blizzard gelernt: Der Launch in den USA lief vergleichbar katastrophal ab, wer sich einloggen konnte, musste mit Verbindungsabbrüchen rechnen, und diese gingen – nicht zuletzt dank der beworbenen Cloud-Funktionalität – oft mit dem kompletten Verlust der gebauten Stadt einher. Wieso man keine andere Wahl hat? Weil SimCity ständig vernetzt ist, die virtuellen Nachbarn eine essentielle Rolle spielen, zumindest offiziell. Durch die beschränkte Größe der Stadt ist man auf jeden Fall auf eifrige Nachbarn angewiesen – nicht gedeckte Bedürfnisse (wer hat schon Platz für eine Universität, wenn man Öl pumpt, um so die Stadtkassen gefüllt zu bekommen?) müssen von diesen gedeckt werden.

In der Theorie klingt das auch noch ganz lustig – doch woher weiß man, dass die – unbekannten – Nachbarn nichts Böses im Schilde führen? Da reicht es schon, wenn man durch Zufall ungebildete Arbeiter das Atomkraftwerk verwalten lässt: Der unvermeidbare Super-GAU zieht auch die Nachbarstädte in Mitleidenschaft. Man kann wahlweise auch nur Freunde in die Region, die aus bis zu 16 Städten besteht, einladen. Um aber dauerhaft Erfolg zu haben, setzt das voraus, dass sich auch die Mitspieler regelmäßig um ihre Stadt kümmern, um sich so der aktuellen Bedarfslage anzupassen. Vor allem bei der Zufalls-Variante scheint das auf Dauer eher unwahrscheinlich. Die erfolgversprechendste Lösung ist also, eine Region nur mit sich selbst zu teilen und alle anderen Städte selbst zu bewirtschaften.

Aber auch alleine muss man dauernd mit den Servern von EA verbunden sein – offiziell, weil die GlassBox-Engine Arbeit auf die Server von EA auslagert. Der globale Marktpreis von Materialien passt sich regelmäßig an, aber ist das wirklich ein unverzichtbares Feature? Wenn man sich nicht auf die Nachbarn verlassen kann und sich deshalb alleine um eine Region kümmert, bleibt nicht mehr viel von der Multiplayer-Komponente in SimCity übrig. Da drängt sich natürlich der Verdacht auf, dass diese Verbindung auch im Interesse des Kopierschutzes benötigt wird – doch wie so oft geht das auf Kosten der zahlenden Kundschaft: Verbindungsabbrüche sind vor allem in der Anfangsphase nicht ungewöhnlich, die oft auch auf Kosten der gesamten gebauten Stadt gehen. Besonders ärgerlich: Auch bei lokalen Abstürzen des Spiels, die im Test mehrmals vorgekommen sind, war jedes Mal danach die gesamte Stadt leer – was nicht zuletzt die Server-seitige Speicherfunktion in Frage stellt.

 

Die größte Sorge die bleibt, ist jedoch, dass SimCity dauerhaft Erfolg brauchen wird, damit man als Spieler auch in Zukunft Städte bauen kann: Schaltet EA die Server ab, ist das gekaufte Spiel nämlich komplett unbrauchbar – bei deren Sportspielen passiert das oft schon zwei Jahre nach Release. Man wird sich also auf jede Menge Addons à la Die Sims freuen dürfen, oder bei ausbleibendem Erfolg mit zeitlich begrenztem Spielspaß rechnen müssen.

SimCity schafft es, an vielen Stellen zu überzeugen – die oberflächliche Simplizität entpuppt sich als großteils gelungene Neuinterpretation des klassischen Spielkonzepts – auch wenn man sich oft mehr Platz wünscht, um den Wunsch nach der eigenen Großstadt realisieren zu können. Als Spieler – und in diesem Fall vor allem auch als zahlender Kunde – ist ein Kauf aber trotzdem zu überdenken: was sich derzeit „nur“ in Wartezeiten und Verbindungsabbrüchen äußert, ganz egal ob man alleine spielt oder nicht, kann bei mäßigem Erfolg des Titels oder einem etwaigen Nachfolger womöglich dazu führen, dass man gar nicht mehr spielen kann. Schade, wenn man bedenkt, dass SimCity 2000 bald 20 Jahre nach Release noch immer Spaß macht und der neueste Titel das Zeug dazu hätte, in die Fußstapfen der Vorgänger zu treten.

Plattform: PC (Version getestet), Spieler: 1-16 (online), Altersfreigabe (PEGI): 12, Release: 07.03.2013, www.simcity.com




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