Klitschko-©-2011-Thimfilm

Klitschko

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Dokumentation

„Vitali und Wladimir, die prügeln sich sehr gerne und kriegst du einen Haken ab, dann siehst du nur noch Sterne. Der eine ist verheiratet, der andre frisch getrennt, sie hauen auf den Gegner ein, bis dieser nur noch flennt. Jeder Bruder riesengroß, so groß wie ein Dino und neben der ganzen Boxerei, sieht man sie jetzt im Kino!“ 

Dieses selbstgedichtete poetische Meisterwerk ist innovativ, lustig, unterhaltsam, intelligent und interessant. Dieses Gedicht ist folglich das genaue Gegenteil der Boxerdoku Klitschko, welche erstmals auf dem Tribeca Film Festival im April diesen Jahres vorgestellt wurde. Gut, zugegebenermaßen erwartet man von einer Doku über eine der brutalsten (und für die meisten Frauen eine der überflüssigsten) Sportarten der Welt nicht sonderlich viel. Menschen hauen sich bis zu 12 Runden à 3 Minuten auf die Fresse, egal ob sie damit permanente Hirnschäden oder körperlich irreparrable Blessuren einfangen. Wer stärker, schneller und härter zuschlägt, gewinnt und zwar einen Gürtel! Wahnsinn!

Allerdings geht es hier nicht um irgendwelche x-beliebigen Boxer, sondern um ein ganzes Boxer-Phänomen: Die ukrainischen Wahl-Deutschen Haudrauf-Brüder Vitali und Wladimir Klitschko, welche jeder spätestens seit dem legendären Milchschnitte-Werbespot kennt. Sie sehen gut aus, sie sind sympathisch, beruflich sind sie an der Spitze angelangt und dazu auch noch promovierte Sportwissenschaftler. Es ist also sicherlich nachvollziehbar, wenn sich Filmemacher für ihre Lebensgeschichte interessieren – bislang gab es schließlich noch kein derart erfolgreiches Brüderpaar und schon gar nicht im Boxsport. Allerdings ist es absolut nicht erklärbar, warum man auf vollkommen übertriebene sowie theatralische Art und Weise die Geschichte ihres Lebenswerkes verfilmt, während die Beiden gerade mal Mitte 30 und somit noch mitten in ihrem eigenen Leben stehen. Eigentlich kennen wir solche Bio-Dokus nur von recht angegrauten, wenn nicht schon längst verstorbenen Persönlichkeiten.

Kurz: die Beiden haben billige Propaganda nicht nötig. Man kennt und mag sie sowieso, ein 110-minütigen Film erscheint überflüssig. Dabei hätte man wirklich viel machen können: Wie sind sie aufgewachsen? Wo haben sie ihre Kindheit verbracht? Wie sind sie privat? Wie verbringen sie ihre Freizeit und wie oft gehen sie pro Tag auf die Toilette – die Klitsckos haben viele Fans und eben jene haben sicherlich viel Interesse daran, mehr über ihre Vorbilder zu erfahren. Boxfans konzentrieren sich natürlich eher auf die genrespezifischen Fragen: Wie trainieren die Brüder? Welche Kämpfe blieben ihnen am stärksten im eingebeulten Kopf? Welcher Bruder bevorzugt welchen Boxstil und wie oft muss man auf einen Gegner einkloppen, bis dieser endlich zu Boden geht – viele Dinge hinter dem Kampfsport sind sicherlich erzählenswert.

Leider kann sich Regisseur und Drehbuchautor Sebastian Dehnhardt nicht entscheiden, in welche Richtung der Film gehen soll – einerseits erfahrt man im ersten Drittel fast schon zu viel über ihre Kindheit und Jugend, andererseits wird auf ihr Familien- und auch Privatleben so gut wie gar nicht eingegangen und ihre beiden (definitiv erwähnenswerten) Doktortitel werden nicht einmal erwähnt. In der zweiten Hälfte überwiegt eindeutig originales Boxmaterial mit vielen Kampfmitschnitten, diese werden durch teilweise erschreckend auffällig gescriptete Kommentare unterbrochen und aus dem ehrlichen Versuch, eine richtige Doku zu machen, werden somit ziemlich peinliche, auswendiggelernte Ansprachen von Trainern und Freunden.Ganz schlimm wird es, wenn zu diversen Szenen ein furchtbar dramatischer Soundtrack eingespielt wird, der in keiner Weise zum Boxthema passt und alles in eine richtig schmierige Propaganda-Ecke stellt. Macht man stellenweise die Augen zu, glaubt man aufgrund der Musik in einer BBC-Holocaust-Doku zu sitzen und nicht das Leben zweier Sportler beschrieben zu bekommen. Öffnet man die Augen, wirken die brutalen Nahaufnahmen von heftigen Kämpfen mit teilweise richtig ungustiösen Verletzungen vollkommen deplatziert. Volle Kanne Action und Blut zeigen, aber mit der Musik total auf Drama zu machen um auf die Tränendrüse zu drücken, ist vollkommen unangebracht und unnötig!

Klitschko ist was für Boxfans und/oder für Fans der Klitschkos. Erstere finden sicherlich einige interessante Background-Infos zum Ablauf und der Strategie der Sportart selbst, während Zweitere sowieso auf ihre Kosten kommen werden – schon alleine, weil man beide Boxer zu 90% mit nacktem Oberkörper sieht. Für alle Anderen wird sich der Film wie ein fester Schlag in die eigene Fresse anfühlen. Also: Let’s get ready to rumbllllllllllleeeeeeeeeeeeeee. Oder eben nicht.

Regie & Drehbuch: Sebastian Dehnhardt, Darsteller: Vitali und Wladimir Klitschko, Laufzeit: 110 Minuten, Filmstart: 17.06.2011




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