Der Tag vor der Revolution (c) 2025 Ursula K. Le Guin, FISCHER Tor(2)

Der Tag vor der Revolution

Der Tag vor der Revolution von Ursula K. Le Guin ist eine umfangreiche Geschichtensammlung und zeigt die unglaubliche Bandbreite dieser hervorragenden Autorin.

Revolutionäre Autorin

Die Sammlung ist grob in zwei Teile aufgeteilt. „Im Labyrinth” und “Der Tag vor der Revolution”. Darin befinden sich viele kurze und längere Erzählungen, die einmal mehr zeigen, was für eine unglaubliche Autorin Ursula K. Le Guin war. Sie deckt mit ihren Geschichten Themen wie Geschlecht, dem Umgang mit Tier- und Umwelt, Kolonisierung und die Frage nach der eigenen Wahrnehmung ab. Doch das vielleicht sogar noch erstaunlichere an dieser Sammlung, abseits der Themenvielfalt, ist die Freude am Erzählen und der oft übersehene Humor von Le Guin. Geschichten wie “Schrödingers Kater” oder “Der erste Kontakt mit den Gorgoniden” sind herrlich humorvoll und ironisch.

Ganz besonders “Intrakom”, die nicht nur den Humor, sondern auch die Experimentierfreude von Le Guin aufzeigt. Aber auch ironisches Grauen, wie “Die aus Omelas fortgehen” und “Labyrinthe” sind in Der Tag vor der Revolution enthalten und zeigen, wie leicht etwas in Grauen abrutschen kann, wenn man nur mal die Perspektive und eigene Sichtweise ändert. Le Guin war eine Autorin, die nicht nur das Sci-Fi Genre ernst genommen, sondern mitgeholfen hat, es auf eine literarische Stufe zu stellen und es zu revolutionieren. Oftmals sind die Sci-Fi Elemente nur am Rande bemerkbar und subtil in die Geschichte verwoben. Sie zeigt, wie in der titelgebenden Geschichte “Der Tag vor der Revolution”, dass auch auf fremden Planeten oder in ferner Zukunft Menschen mit alltäglichen Problemen zu kämpfen haben. Sei es das eigene Älter werden, der Umgang mit dem Selbstbild oder auch wie wir (im großen und im kleinen) mit (unserem) Planeten und den anderen Bewohnern umgehen.

Manche sind  gekommen,  um  es  sich  anzuschauen;  andere  geben  sich  mit dem  Wissen  zufrieden,  dass  es  da  ist.  Manche  verstehen,  weshalb, und  manche  nicht,  aber  alle  begreifen,  dass  ihr  Glück,  die  Schönheit ihrer Stadt, die Zärtlichkeit ihrer Freundschaften, das Wohl ihrer Kinder, die Weisheit ihrer Gelehrten, die Geschicklichkeit ihrer Handwerker, ja sogar die Fülle ihrer Ernte und das freundliche, von ihrem Himmel geschickte Wetter – dass es dies alles ohne das grausame Leiden des Kindes nicht gäbe.

Der Tag vor der Revolution ist eine beeindruckende Geschichtensammlung. Nicht nur was den schieren Umfang betrifft, sondern vor allem was die inhaltliche Qualität der Erzählungen anbelangt. Die knapp 800 Seiten lesen sich mit Lichtgeschwindigkeit und sprechen für das hohe Niveau, das sie alle gemeinsam haben. Es gibt keine langweilige Geschichte. Le Guin bleibt von Anfang bis Ende spannend und interessant. Daher darf man ohne Zweifel behaupten, dass Der Tag vor der Revolution eine der stärksten Sammlungen von Erzählungen und Geschichten ist, die es derzeit gibt. Egal in welchem Genre.

Als Einstieg in das Schaffen dieser unglaublich vielseitigen Erzählerin eignet sich Der Tag vor der Revolution perfekt. Aber auch für jene, die bereits mit ihrem Werk vertraut sind, ist dieser Erzählband ein unbedingtes Muss, denn es zeigt all die Stärken von Le Guin als grandiose Autorin, die sie war. Und selbst jene, die behaupten Science Fiction lese ich nicht, sei dieses Werk ans Herz gelegt, denn wenn es jemand schafft die Qualitäten des Genres zu zeigen und den abgeneigten Leser zu überzeugen, dann ist das Ursula K. Le Guin.

Der Tag vor der Revolution von Ursula K. Le Guin, 784 Seiten, erschienen bei FISCHER Tor.

Der Tag vor der Revolution

Der Tag vor der Revolution (c) 2025 Ursula K. Le Guin, FISCHER Tor




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