Dragonfly
Dragonfly ist der neue Film des britischen Filmemachers Paul Andrew Williams. Wer schon mal in Berührung mit einem seiner Stoffe gekommen ist weiß, dass der Mann gerne eine härtere Gangart im Thriller-Fach einlegt. Dabei überrascht er bei Dragonfly in der ersten Hälfte mit einer sensiblen Milieustudie. Die Österreich-Premiere des Films war am diesjährigen Slash zu sehen.
Einsamkeit und Tristesse
Elsie (Brenda Blethyn) ist eine ältere Dame, die in einer Sozialbau-Siedlung in einer Hälfte eines Doppelhauses wohnt. Auf der anderen Seite lebt die mittdreißigjährige Sozialhilfeempfängerin Colleen (Andrea Riseborough) mit ihrer geliebten Hündin. Die pflegebedürftige Elsie ist immer wieder der Willkür diverser Pflegedienste ausgeliefert. Als Colleen das mitbekommt, macht sie Elsie das Angebot, dass sie sich von nun an um Einkäufe und kleinere Pflegedienste kümmern könnte. Man sei ja Nachbarn. Man müsse zusammenhalten. Die beiden höchst unterschiedlichen Frauen verbindet vor allem eines: ihre Einsamkeit. Eine fragile Freundschaft entsteht, die vor allem Elsies Sohn John (Jason Watkins) ein Dorn im Auge ist.
Aber wo bleibt die Libelle?
Dragonfly ist ein hartes Solzialdrama, dass gegen Ende in psychologischen Horror abdriftet. Getragen wird die traurige Veranstaltung von den beiden Hauptdarstellerinnen. Die immer tolle Andrea Riseborough gibt eine verlässlich unvergessliche Performance ab. Ihr gegenüber steht Schauspiel-Veteranin Brenda Blethyn, die jedes steinerne Herz zur Rührung bringen wird.
Dragonfly macht natürlich kaum Freude anzusehen. Alles ist sehr trostlos. Und doch fasziniert der Film sehr schnell, zieht einen in seinen Bann und lässt nicht mehr los, bis zum niederschmetternden Finale. Also mal wieder echtes Feel-Bad-Kino, für all jene, die sowas gut verdauen können. Qualitativ gesehen ist Dragonfly allerdings eine hochwertige Angelegenheit.
Zuletzt knallte Paul Andrew Williams einem seinen Rache-Thriller Bull (2021) um die Ohren. Ein teuflischer Film, der laut, brutal und beunruhigend war. Letzteres hat Dragonfly mit dem Vorgängerfilm absolut gemein. Ansonsten ist er die stille und traurige Variante. Nur was es mit dem Titel auf sich hat, bleibt des Regisseurs Geheimnis. Libelle haben wir zumindest keine gesehen.
Regie und Drehbuch: Paul Andrew Williams, Darsteller: Andrea Riseborough, Brenda Blethyn, Jason Watkins, Filmlänge: 98 Minuten, gezeigt auf dem SLASH Filmfestival 2025
