Fürchte den Donner (c) 2015 Jim Thompson, Heyne Hardcore(2)

Fürchte den Donner

Fürchte den Donner war erst der zweite Roman von Jim Thompson und ist inhaltlich noch ein wenig von seinen späteren Crime-Meisterwerken entfernt.

In Verdon, Nebraska lebt der Fargo-Clan. Eine dekadente Familie, angeführt vom Patriarchen Lincoln Fargo. Sie leben auf ihrem Landsitz in ihrem ganz eigenen seelischen und psychischen Abgrund. Das Familienoberhaupt blickt auf ein sündiges Leben zurück, während seine Frau Pearl sich immer mehr in ihren religiösen Wahn steigert. Das geht sogar so weit, dass sie den gesamten Familienbesitz an Gott verkaufen will. Dann gibt es da aber auch noch ihren Sohn Grant, der immer mehr zerfällt und zerbricht. Doch was sich unter der Oberfläche dieser Familie verbirgt, ist weitaus schlimmer und verkommener.

Er war so stolz auf seine Reputation wie jeder andere Mann, und er war nur so käuflich, wie es nötig war. Aber als Junge, der keine andere Zukunft hatte als die, die er sich selbst aufbaute, musste er es womöglich ein wenig mehr sein als andere.

Nachdem Jim Thompson mit seinem autobiographischen Erstling Jetzt und auf Erden keinen großen Erfolg hatte, wechselte er das Fach. Fürchte den Donner ist aber dennoch nur ein “vorsichtiger” Crime-Thriller. Das bedeutet, dass hier jene Elemente, die Thompson später so meisterhaft beherrschte, nur in leichten Anklängen vorkommen. Fürchte den Donner kann man als Mischung und Wechsel des Autors von einer Erzählweise zu einer anderen verstehen. Es ist die Grenze von sozialem Realismus und Crime-Horror. Der Roman ist ein Familienporträt, das zwar fiktiv ist, aber sich dennoch wie etwas autobiographisches liest. Natürlich kommt auch Verbrechen vor und der Fargo-Clan ist alles andere als zartbesaitet.

Dennoch ist es noch kein richtiger Crime-Thriller, wie Thompsons spätere Werke. Aber auch hier zeigt der Autor sein unglaubliches erzählerisches Talent und wie facettenreich er sein kann. Fürchte den Donner ist ein episches Drama über eine Familie, die sich selbst zerstört und vernichtet. Dabei nehmen sie auch einige außenstehende Personen mit und stürzen sie ins Verderben. Gleichzeitig ist Thompson auch schlichtweg ein Meister der Spannung. Sein Stil ist zwar noch nicht so geschliffen scharf und präzise, dennoch ist der Roman durchwegs unterhaltsam und intensiv. Jim Thompson komprimiert in Fürchte den Donner das Schicksal einer Familie zu einer dichten, atmosphärischen Erzählung über Schuld und Sühne.

Fürchte den Donner von Jim Thompson, 464 Seiten, erschienen im Heyne Verlag.

Fürchte den Donner




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