Schwere Körperverletzung
Mit Schwere Körperverletzung gelang Ted Lewis ein brillanter Crime-Thriller. Vielschichtig, komplex und voller Spannung, ein Roman, den man unbedingt wiederentdecken sollte.
George Fowler ist im Großbritannien der 70er Jahre Boss eines weitläufigen Unterweltimperiums. Sein lukratives Hauptgeschäft ist die Pornografie. Gewalt und Korruption halten alles am laufen. Doch dann droht ein Verrat aus den eigenen Reihen sein Unternehmen in die Luft zu jagen. Er setzt zu einer radikalen Säuberungsaktion an. Danach taucht er in der kleinen Ortschaft Mablethorpe unter. Das langweilige Kaff ist ein harter Kontrast zur Großstadt London. Doch dort, in dem Küstenstädtchen, glaubt er sich sicher. Er ertränkt alles in Alkohol. Bald holen ihn jedoch nicht nur seine grausamen Erinnerungen wieder ein und die Paranoia erneut verraten worden zu sein, ergreift von ihm Besitz. Ist er durch die Einsamkeit und den Alkohol wahnsinnig geworden oder ist da doch mehr dran?
Zu meiner Überraschung öffnete Sammy höchstpersönlich die Tür, obwohl er mich erwartet hatte. Sammy geht durchs Leben, als rechne er stets mit dem Schlimmsten. Da dem so ist, war ich davon ausgegangen, dass seine bessere Hälfte öffnen werde.
Schwere Körperverletzung war der letzte Roman von Ted Lewis. Ein Autor, der heute leider kaum noch bekannt ist, den man aber dank dem deutschen Pulp Master-Verlag jetzt wiederentdecken kann. Zumindest Schwere Körperverletzung haben sie im Programm und es folgen hoffentlich noch mehr Bücher dieses beeindruckenden Autors. Denn Ted Lewis hatte es wirklich drauf. Dieses Buch ist ein hartgesottener Crime-Thriller und gleichzeitig ein wuchtiges Drama über Macht, Liebe, Verrat und Wahnsinn. Wuchtig gar nicht von der Länge her, sondern vom Inhalt. Das alles kommt gleichzeitig so glaubwürdig und lebensecht daher, dass man fast meinen könnte, Ted Lewis berichtet da von eigenen Erfahrungen und na ja, wer weiß …
Selbst Jean weiß nichts von dem Bungalow. Hat nichts davon gewusst. Es gibt ihn seit sieben Jahren. Niemand in der Gegend hat Kenntnis, wem er gehört. Nicht einmal der Bauunternehmer, auch nicht der Mittelsmann, mit dem ich es zu tun bekam.
Die zeitlich verschachtelte Erzählung passt zudem hervorragend zum sich (vielleicht) auflösenden Verstand des Protagonisten. Als Leser befindet man sich direkt in den Schuhen der Hauptfigur. Und dieser George Fowler ist alles andere als ein netter Kerl. Trotzdem gelingt es Lewis auch in so einem brutalen Unterweltboss die Menschlichkeit einzufangen. Dadurch fühlt man mit ihm mit, ob man will oder nicht. Ja, der Roman ist vordergründig ein Crime-Thriller, aber gleichzeitig ist es auch eine brillante, fokussierte und auf den Punkt gebrachte Charakterstudie über einen skrupellosen Menschen. Und Ted Lewis langweilt nie, da ist kein unnötiger Satz drinnen, er schreibt ökonomisch und ohne Schnörkel. Schwere Körperverletzung ist ein literarischer Schlag in den Magen, direkt und brutal – aber absolut empfehlenswert.
Schwere Körperverletzung von Ted Lewis, 330 Seiten, erschienen bei Pulp Master.