Die stillen Gefährten
England im Jahre 1865: Elsie, deren Eltern eine Zündholzfabrik leiteten, kann ihr Glück kaum glauben, als der Aristokrat Rupert Bainbridge ausgerechnet sie zur Frau nimmt. Doch die Freude ist nur von kurzer Dauer, denn Rupert stirbt völlig unerwartet. Die junge Witwe erbt Anwesen, Dienerschaft und Ruperts Cousine Sarah als Gesellschafterin. Zudem ist sie auch von Rupert schwanger. Sarah und Elsie entdecken alsbald auf dem Anwesen, das The Bridge genannt wird, einen verschlossenen Raum, den Elsie kurzerhand zu knacken versteht. Hier finden Sie nicht nur die Tagebücher einer Vorfahrin von Rupert und Sarah, sondern auch eine lebensgroße Holzfigur, eine sogenannte Stille Gefährtin …
Sie blickte zum Spiegel in der Ecke des Raumes auf. Eine dürre Frau mit fleckiger Haut saß gebeugt am Tisch, allein. Ihre Hände ähnelten gespaltenen Hufen. Sie sah wie eine Mörderin aus.
Die stillen Gefährten von Laura Purcell ist „Eine viktorianische Geistergeschichte“, wie das Cover verspricht. Der Roman spielt auf verschiedenen Zeitebenen, die ihren Zusammenhang nach und nach preisgeben. Die Autorin hat ihre Vorbilder genau studiert. Sie versteht es die unheimliche Gothic-Atmosphäre der Romantik mit dem Unterhaltungsfaktor von Jane Austens Gesellschaftsromanen zu verbinden. Sie geht dabei äußerst sorgsam und gediegen zu Werk.
Nur langsam entfaltet sich die Geschichte vor dem inneren Auge der Leserschaft. Doch wenn es dann zur Sache geht, treffen die unheimlichen Attacken punktgenau – bis zum bitteren Ende. Sprachlich sind Die stillen Gefährten leicht, aber nicht seicht zu lesen. Der Schrecken hält sich in Grenzen, auch wenn gegen Ende der eine oder andere fiese Schock wartet. Dennoch ist das Buch auch gerade Fans des sogenannten sanften Grusels zu empfehlen.
An diesem Morgen hörte ich zum ersten Mal in meinem Leben einen Mann schreien. Es ist kein Geräusch, das ich noch einmal hören möchte: kehlig, beschämend.
Letztlich werden Leser, die schon die eine oder andere Spukgeschichte kennen, mit diversen Versatzstücken der Story vertraut sein. Aber dennoch ist der Roman eine äußerst angenehme Schauerlektüre, die man am besten mit einem Glas Kognak vor einem knisternden Feuer im Ofen genießt. Bei der Veröffentlichung des Romans hat sich der Festa Verlag nicht lumpen lassen und hat den Buchseiten einen Goldfolien-Buchschnitt verpasst (zumindest in der Erstauflage), was das Buch auch optisch zu einem Schmuckstück macht.
Die stillen Gefährten von Laura Purcell, 447 Seiten, erschienen in der Reihe Festa Must Read im Festa Verlag.