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Der bittere Trost der Lüge

Nachdem der Festa Verlag kürzlich seine Jugend-Reihe All Age mit dem dystopischen Roman The Secret Runners of New York ins Leben gerufen hat, folgt nun der zweite Roman – Der bittere Trost der Lüge von Tiffany D. Jackson. Auch dieser Roman ist in New York angesiedelt. Sonst finden sich jedoch herzlich wenige Gemeinsamkeiten. Während die Secret Runners zwar ein durchwegs unterhaltsamer, aber auch recht durchschaubarer Sci-Fi-Thriller sind, schlägt Tiffany D. Jacksons Debütroman viel subtilere Töne an. Und spricht somit auch ein erwachseneres Publikum an.

 

Erzählt wird die Geschichte aus der Perspektive der 15-jährigen Mary. Seit kurzem wurde jene vom Jugendgefängnis mit Fußfesseln in ein betreutes Wohnen geschickt. Dort erlebt sie allerlei Schikanen, sowohl von den übrigen Mitbewohnerinnen, als auch von den Betreuerinnen. Nebenbei verrichtet Mary Sozialdienst in einem Altenheim. Dort lernt sie den 18-jährigen Ted kennen und lieben. Wie Mary ist auch Ted Afroamerikaner und auf Bewährung. Als Mary von ihm schwanger wird, droht die Situation zu eskalieren. Der Staat stellt Mary frei: entweder sie treibt das Kind ab oder es wird zur Adoption frei gegeben. Doch Mary will ihr Kind behalten. Das Problem: sie wurde einst verurteilt, weil sie als damals 9-jährige einen drei Monate alten Säugling ermordet haben soll. Mary schwieg stets zu den Vorwürfen, doch die Beweislast war erdrückend. Nun, um ihr Kind behalten zu können, will Mary ihr Schweigen beenden …

Sie stand daneben, als die Ersthelfer versuchten, das Kind wiederzubeleben. Ein Bericht erwähnt, dass sie lächelte. Sie lächelte. Man muss sich schon fragen, was für ein Kind so etwas tun würde. Ich kann Ihnen sagen, was für ein Kind das tun würde. Ein böses.

Der bittere Trost der Lüge ist eine Wucht von einem Roman. Der Debütantin Tiffany D. Jackson gelang damit gleich auf Anhieb ein ganz großer Wurf. Allegedly, so der Originaltitel, ist ein psychologisch raffinierter Psychothriller mit starken Dramaanleihen. Bei aller beschriebenen sozialen Problematik, ist der Roman dennoch niemals kitschig oder von überhöhtem Pathos geprägt. Im Gegenteil. Tiffany D. Jackson erzählt die Geschichte ihrer tragischen „Heldin“ unsentimental, aber stets mitreißend und hochspannend. Die Wendungen in der Handlung sind glaubwürdig und nicht auf den bloßen Effekt aufgebaut. Nach der Lektüre möchte man erst mal tief Luft holen, hat die Story dem Leser doch erst mal für 440 Seiten den Atem geraubt.

Miss Carmen ist nur einer der Namen auf einer langen Liste von Menschen, die mich nicht wirklich mögen. Was echt mies ist, weil sie für mein Wohlergehen zuständig ist. Ich glaube, es liegt daran, dass sie voll katholisch ist und ich ein Baby umgebracht habe. Mutmaßlich.

Klar, ein wenig erkennt man in Jacksons Stil schon die Schule des amerikanischen Creative Writing. Doch wenn, wie im Falle von Der bittere Trost der Lüge, ein derart mitreißendes und eigenständiges Werk heraus kommt, sollte das die Leserschaft wenig kümmern. Das All Age Siegel ist in diesem Fall Programm, denn die Story dürfte Heranwachsende (ab ca. 14 Jahren) genauso packen, wie Erwachsene. Die Geschichte ist überaus clever erzählt, die Überraschungen gut vorbereitet. Mit viel Einfühlungsvermögen in die Gedankenwelt ihrer jungen Protagonisten, kreiert die Autorin einen enorm spannenden Roman, der überaus glaubwürdig entlang der Realität gezimmert ist. Man darf gespannt sein, auf die weiteren Werke von Tiffany D. Jackson. Der Festa Verlag plant in dieser Reihe jedenfalls noch weitere Veröffentlichungen. Und wir warten ungeduldig.

Der bittere Trost der Lüge von Tiffany D. Jackson, 448 Seiten, erschienen im Festa Verlag.




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