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Final Fantasy XV

8
RPG

Final Fantasy Versus XIII sollte, irgendwann vor zehn Jahren einmal, ein PS3-Release werden. Doch die Entwicklung verlief holprig und zu einem unbekannten Zeitpunkt wurde beinahe die gesamte Arbeit verworfen, was zu einem Neubeginn namens Final Fantasy XV führte. 

Der Titel erhielt vielleicht aber nicht unbedingt die Entwicklungszeit, die er benötigt hätte. Man kann sich das Spiel als ein Werk in drei Akten vorstellen: Der erste Akt übernimmt dabei die Rolle der Einführung. Die Charaktere und die Welt, in der sie operieren, werden vorgestellt, der Spieler wird behutsam an die Spielmechanik herangeführt, Konflikte bauen sich auf. Diese Beschreibung ist dienlich für die Veranschaulichung beinahe aller Probleme des Spiels: Der erste Akt wurde nie produziert. Man stückelt ihn zusammen, indem man öde Tutorials durchspielt und begleitende Filme und Anime-Serien konsumiert. Final Fantasy XV startet stattdessen völlig in der Luft mit dem zweiten Akt.

Besagter Akt kümmert sich wenig um das größere Gesamtbild und rückt stattdessen den Roadtrip der Hauptcharaktere in den Mittelpunkt. Zusammen mit drei Bros zieht Prinz Noctis, der Protagonist, durch eine Landschaft, die eher mit den ländlichen Einöden der USA vergleichbar ist als mit einer bunten Fantasy-Welt. Ein klassisches Open World-Szenario wird erforscht, in dem der Handlungsstrang stets dünn bleibt und kaum irgendeine Relevanz besitzt. Vielmehr verbringt man die Zeit mit Quest-Markern und der seltsamen Bromance der Hauptcharaktere. „Deine Haarspitzen sind gefroren!“ „Echt? Sehe ich damit gut aus?“: Es offenbaren sich bizarre Einblicke in die Gefühlswelt von vier oberflächlichen Dumpfbacken, die ihre Zeit primär mit Selfies und Handyspielerei verbringen.

 

Der dritte und letzte Akt gleicht am ehestem dem, was man von Final Fantasy gewohnt ist: Von streng linearer Machart entdeckt das Spiel den tatsächlichen Handlungsstrang wieder und führt den Spieler durch ein paar wenige Stunde gekonnter Dramaturgie. Dicht gedrängte bombastische Action-Einlagen und ein Finale, das den Protagonisten an seine körperlichen und emotionalen Belastungsgrenzen führt, offenbaren ein überraschendes Feingefühl für gekonntes Charakterdrama und bedeutungsvolle Dialoge, welche in starkem Kontrast zu den bizarren Eskapaden des zweiten Akts stehen.

Nach dem Abschluss gibt es dann allerdings noch ein überraschend umfangreiches Endgame, welches gleichzeitig der Ort ist, in dem die Entwickler tatsächlich ein paar Gameplay-Sequenzen versteckt haben, die die Stärken des Spiels gekonnt herausarbeiten. Stärken wie zum Beispiel das eindrucksvolle Kampfsystem, das die Finessen der klassischen rundenbasierten JRPGs gekonnt mit schnellen Actioneinlagen verbindet. Während man zwar in der offenen Welt viele langweilige Stunde verbringt, weil man die gigantische Landschaft mit dem Auto durchstreifen muss, um dem schier endlos wirkenden Ladebildschirm zu entkommen, sind Dungeons von Anfang bis zum Ende eine wohltuende Erfrischung.

 

Man hat sich wirklich überlegt wie man das Erforschen von dunklen Gemäuern wieder spannend und interessant gestalten kann, womit dank stetigen Überraschungen jeder Besuch zu einem Highlight mutiert. Von Horror-artigen Schreckeffekten zu Plattforming-Einlagen ist es praktisch unmöglich zu erahnen, was den Spieler dort erwartet.

Begleitet wird das Geschehen von einem Soundtrack, der nach vielen Jahren endlich wieder zu dem Kaliber an Qualität zählt, für das die Serie bekannt ist. Wem das nicht reicht, der kann auf den stundenlangen Autofahrten beinahe jeden Track hören, der je zu einem Final Fantasy-Projekt erstellt wurde.

Tatsächlich hinterlässt Final Fantasy XV einen Gesamteindruck, der nicht gespaltener sein könnte. Das Werk besteht aus vielen kleinen Bausteinen die vor Brillanz nur so triefen, aber sich nie wirklich zu einem einheitlichen Bild zusammenfinden wollen. Tiefe, komplexe und faszinierende Charaktere stehen an der Seite von lächerlichen Karikaturen, die den Tiefpunkten der Serie kaum nachstehen. Stimmige Actioneinlagen, bei denen das Millionenbudget im Sekundentakt dahinrieselt, stehen neben dem stupidesten Quest-Design, das man im Genre finden kann. Ein Roadtrip, der tatsächlich viel unternimmt um das Gefühl zu simulieren, mit dem Auto durch die USA zu reisen, steht neben einem Spieldesign, das kaum respektloser mit der Zeit des Spielers umgehen könnte.

Doch am Ende ist der verbleibende Eindruck positiv: Final Fantasy schickt das Genre in eine gute Zukunft. Die offensichtlichen Probleme des Spiels scheinen großteils an einem übereilten Entwicklungszyklus zu liegen, doch die Teile, die von den Entwicklern abgeliefert wurden, zählen in großen Abschnitten zum Besten, was man aus Japan je gesehen hat. Es bleibt nur zu hoffen, dass Square Enix es schafft, das nächste Mal mit der selben Handfertigkeit ein kompletteres und ausgeglicheneres Paket zu liefern.

Plattform: PS4 (Version getestet), Xbox One, Spieler: 1, Altersfreigabe (PEGI): 16, Release:29.11.2016, finalfantasyxv.com




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