Das gute Übel
In Das gute Übel erzählt Samanta Schweblin in sechs Geschichten über Tod, Trauer und die Bewältigung von Verlust auf eindringliche Weise.
Tragische Schicksale
Eine Frau versucht sich zu ertränken. Wenn sie bei Mann und Kindern ist, wird der Wunsch, am Grund des Sees zu bleiben, immer stärker. Ein kleiner Junge möchte unbedingt die Aufmerksamkeit seines Vaters bekommen. Eine Autorin fürchtet um den Verlust ihres Partners und lernt im Ausland eine Kollegin kennen, die ihrerseits einen schweren Verlust erfährt. Eine todkranke Frau ruft eine Freundin an und möchte über einen tragischen Unfall von vor 30 Jahren reden. Zwei Kinder lernen eine Dichterin kennen und kümmern sich um sie, bis es zu einer Tragödie kommt. Jahrzehnte später begegnet eines der Kinder der Dichterin wieder.
Das gute Übel beinhaltet sechs Erzählungen von Samanta Schweblin, die vorwiegend von den Themen Tod, Trauerbewältigung und Verlust, sowohl die Angst davor, als auch den Umgang damit, handeln. Einfühlsam und sensibel schildert die Autorin das Leben ihrer Protagonisten. Gleichzeitig bedient sie sich einer klaren und gestochen scharfen Sprache. Inhaltlich könnte man die Geschichten durchaus als Horrorszenarien begreifen, allerdings handelt es sich ausschließlich um realen Horror. Nicht unbedingt alltäglicher Horror, doch durchaus um einen, dem jeder von uns zum Opfer fallen könnte.
Ich mag dieses Haus wegen seiner porösen Fähigkeit, uns in seinen Zimmern aufzusaugen. Der Käfig im Wohnzimmer bleibt offen und leer, und der Gedanke, dass die Mädchen mit dem Kaninchen spielen können, wenn ich nicht mehr bin, tröstet mich. Das ist, wie wenn ich die Waschmaschine oder Mikrowelle höre, das entspannt mich, weil dann im praktischen Leben etwas geschieht, selbst wenn ich gelähmt bin.
Schweblin schildert in Das gute Übel tragische Schicksale, die jeden ereilen könnten. Die Geschichten überzeugen durch ein hohes Maß an Einfühlungsvermögen und Authentizität. Jede ihrer Figuren ist lebensnah und glaubwürdig dargestellt. Man fühlt mit ihnen, man leidet mit ihnen und man hofft mit ihnen. Manche Schicksale sind verheerende Katastrophen, andere gehören zu der kleineren, leiseren Art der sich langsam verdichtenden Verzweiflung. In allen Fällen sind die Erzählungen spannend, gerade weil sie so nahe gehen, weil sie so real und nachvollziehbar sind. Das gute Übel ist keine Wohlfühlliteratur, doch stets gibt es auch einen kleinen Funken Hoffnung darin zu finden.
Das gute Übel von Samanta Schweblin, 189 Seiten, erschienen im Suhrkamp Verlag.
