Es währt für immer und dann ist es vorbei
Es währt für immer und dann ist es vorbei von Anne de Marcken ist eine skurrile Erzählung durch eine unsichere Welt mit einer mehr als ungewöhnlichen Protagonistin.
Ein Zombie auf Sinnsuche
Die Hauptfigur ist tot. So viel scheint gewiss zu sein. Sie lebt vielleicht im Jenseits, vielleicht aber auch in einem Hotel für Untote. Gleich zu Beginn verliert sie einen Arm und findet eine tote Krähe, die sie fortan begleitet. Die Protagonistin kennt weder ihren Namen noch kann sie sich an ihr Leben vor dem Tod erinnern. Ist sie wirklich tot oder eigentlich ein Zombie? Sie weiß es nicht. Trotzdem zeigt sie keine Resignation. Denn eine letzte Erinnerung ist ihr geblieben. An eine andere Person. Gemeinsam mit ihrer Krähe und einem Arm weniger macht sie sich auf den Weg nach Westen, Richtung Meer. Sie glaubt, dort Antworten zu finden. Oder wenn schon keine Antworten, so zumindest ein paar Erinnerungen mehr.
In Es währt für immer und dann ist es vorbei macht Anne de Marcken gleich von Anfang an klar, dass hier nichts sicher ist. Alles scheint möglich, alles scheint ungewiss zu sein. Die Protagonistin mag die Wahrheit sagen, kann ein Zombie sein, ein Geist, eine verblasste Erinnerung eines Menschen oder psychisch krank. Es kann auch alles nur Fantasie sein. Man weiß es nicht. Fest steht, dass die Protagonistin sich auf geistiger und emotionaler Sinnsuche befindet. De Marcken liefert auch keine klaren Antworten. Es währt für immer und dann ist es vorbei ist ein Mysterium. Es gibt keine klare Handlung, außer der Reise der Protagonistin ans Meer. In der Hoffnung, dort irgendetwas zu finden, was sie einst ausgemacht hat.
Wir werden einen riesigen Schmerzbeschleuniger bauen, um die geheime Struktur des Schmerzes aufzubrechen und den winzigen, mit zarten Flügeln versehenen Atemzug unserer verlorenen Menschlichkeit freizusetzen. Menschlichkeit. Dieses Wort. Vielleicht töten wir die Lebenden, um an ihren Schmerz zu gelangen. Oder an unseren eigenen.
Vielmehr geht es in der Erzählung um Atmosphäre, Stimmung, Gefühle und Gedanken. Es ist eine äußere, aber noch viel mehr eine innere Reise. Dabei bedient sich de Marcken eines überaus geradlinigen und schnörkellosen Erzählstils, der gleichzeitig poetisch klingt. Trotz einer knappen Länge von 150 Seiten, packt die Autorin viel in ihren Roman. Wuchtig ist nicht die Länge, sondern der Inhalt. Es währt für immer und dann ist es vorbei ist definitiv kein Buch für jeden Leser, aber wer es gern atmosphärisch und ominös mag, wer über das Gelesene nachdenken mag, der wird bei der Entschlüsselung dieser Erzählung seine Freude haben.
Es währt für immer und dann ist es vorbei von Anne de Marcken, 151 Seiten, erschienen im Suhrkamp Verlag.
