Was die Nacht verschweigt
In Was die Nacht verschweigt schickt T. Kingfisher ihre Alex Easton auf ein neues, unheimliches Abenteuer und sorgt für schaurige Unterhaltung.
Im Ernst: Eine unromantischere Kulisse als das herbstliche Gallazien kann man sich schwerlich vorstellen. Ich lenkte Hob von einem kahlen Baum am Straßenrand weg, über den sich Ranken wie Gedärme ergossen. Die Straße führte über eine Hügelkuppe, dann ging es abwärts. Ich blickte zwischen den Ohren meines Hengstes auf den Weg und fühlte mich allgemein malträtiert.
Diesmal lädt Alex Easton ihre gute Freundin Miss Potter in die Heimat ein. Im ländlichen Gallazien soll sie die Chance bekommen seltene Pilze zu finden. Doch etwas scheint nicht zu stimmen. Alex findet ihr Haus leer vor und der Hausmeister ist tot. Eine unnatürliche Stille hat sich ihrem Landsitz bemächtigt und scheint alles zu verschlucken. Die Einheimischen wagen es nicht, darüber zu sprechen, und setzen keinen Fuß auf das Gelände. Es ist von einer unheimlichen Kreatur die Rede. Als mysteriöse Visionen für schlaflose Nächte sorgen und sich merkwürdige Ereignisse häufen, muss der Sache auf den Grund gegangen werden.
Schaurig, aber nicht heftig
Im Gegensatz zum Vorgänger Was die Toten bewegt basiert das neue Abenteuer rund um Alex Easton nicht auf einer Geschichte von Edgar Allan Poe. T. Kingfisher scheint aber Gefallen an ihrer Protagonistin gefunden zu haben und liefert mit Was die Nacht verschweigt eine neue unheimliche Erzählung ab. Die Stärken des Vorgängers finden sich auch hier wieder. Eine dichte Atmosphäre, sympathische Figuren und vereinzelt humorvolle Momente. Wer also das erste Abenteuer bereits genossen hat, wird auch mit Was die Nacht verschweigt seine Freude haben.
Kingfishers Erzählung ist eine perfekte Lektüre für jene, die zwar eine unheimliche Atmosphäre wollen, aber nicht die ganze Härte von heftigen Horrorgeschichten mögen. Es ist wohl am ehesten das, was man als “Cozy”-Horror bezeichnen kann. Eine angenehme, nicht allzu hohe Dosis von übernatürlichem Schrecken, ohne dabei je Gefahr zu laufen, etwas wirklich Grauenvolles zu erleben. Hartgesottene Horrorfans wird Was die Nacht verschweigt nur ein müdes Lächeln abringen, aber für alle, die sich erst vorsichtig an das Genre heranwagen oder überhaupt gar nicht auf harten Horror aus sind, ist Kingfishers Erzählung eine unterhaltsame Lektüre.
Was die Nacht verschweigt von T. Kingfisher, 192 Seiten, erschienen bei Cross Cult.