Rapunzels finsterer Turm
Rapunzels finsterer Turm ist Stefanie Lasthaus‘ dritter Roman, nach Frau Holles Labyrinth und Schneewittchens dunkler Kuss, mit einer modernen Märchenadaption. Wobei, so richtige Adaption – ob modern oder nicht – das sind diese Geschichten ja eigentlich gar nicht. Stefanie Lasthaus bedient sich einfach gewisser bekannter Märchenmotive und erfindet ihre ganz eigenen Geschichten drum rum. Ungefähr einen Monat vor Weihnachten veröffentlicht der Heyne Verlag dann diese Bücher immer und sorgt damit für eine kuschlig-sanft-gruselige Adventszeit.
In Rapunzels finsterer Turm begegnen wir der Tätowiererin Flo, die nach einem großen Verlust durch den Tod ihres Ex- und später besten Freunds Sam, nach einer Neu-Orientierung in ihrem Leben Ausschau hält. Es verschlägt sie in den kleinen Ort Windmills, wo sie einen Job im Tanglewood Hotel annimmt. Aus einem nahegelegenen Wald hört sie unheimliche Gesänge. Der düstere Ort übt eine bizarre Faszination auf Flo aus. Und trotz Warnungen geht sie tiefer und tiefer in den Wald hinein. Dort trifft sie in einer Hütte die mysteriöse Frau Gothel.
„Ruhig im Wald?“ Die Frau lachte und riss dabei den Mund so weit auf, dass Flo zwei große Zahnlücken erkannte. „Der Wald ist niemals ruhig, Mädchen. Man hört Vögel, Insekten, manchmal einen Bären, der durch das Unterholz bricht. Und selbst wenn nicht, musst du nur aufmerksam sein: Irgendwas flüstert, raunt oder raschelt immer.“
Rapunzels finsterer Turm ist ein bisschen Fantasy, ein bisschen Drama und ein bisschen sanfter Horror. Stefanie Lasthaus verfügt über einen ansprechend lockeren und flüssigen Schreibstil, der einen packt und tief in die Geschichte mit hineinnimmt. Rein stilistisch ist Rapunzels finsterer Turm viel besser, als man im ersten Moment erwarten könnte, gerade auch im Vergleich mit anderen Autorinnen im Genre.
Inhaltlich beginnt der Roman eher gemächlich. Gerade in der ersten Hälfte plätschert es etwas, doch das Interesse ist da und der Spannungsbogen stimmt. Gegen Ende hin stolpert die Story jedoch manchmal. Nicht zuletzt, weil manche Wendung vom Leser bereits hundert Seiten vorher antizipiert wird, bevor die Protagonistin die Zusammenhänge herstellen kann.
Das tut dem Lesevergnügen, sofern es rein eskapistisch ausgerichtet ist, aber keinen wirklichen Abbruch. Rapunzels finsterer Turm ist Feel-Good-Grusel-Lektüre für kalte Wintersonntage zum binge-lesen. Tee kochen, einkuscheln und abtauchen ins haarige Abenteuer.
Rapunzels finsterer Turm von Stefanie Lasthaus, 432 Seiten, erschienen im Heyne Verlag.