Symbiose
Die eineiigen Zwillinge Taliah und Talulah wachsen in England auf. Die Beiden gleichen sich dermaßen, dass selbst die eigenen Eltern Schwierigkeiten haben, sie auseinander zu halten. Die Zwillinge kommunizieren bereits als Kleinkinder in ihrer eigenen Fantasie-Sprache. Mit dem Rest der Welt wollen sie hingegen kaum bis gar nicht kommunizieren. Daher kommen die „stummen“ Zwillinge auch in eine Sonderschule. In der Pubertät beginnt sich jedoch etwas zu verändern. Taliah spricht mehr und mehr, interessiert sich sogar für einen Jungen – während Talulah immer noch am liebsten allein zusammen mit ihrer Schwester wäre. Es kommt zu einem Machtkampf.
In der Schule betrachten die Lehrerinnen und Lehrer Talulah und Taliah als zwei Teile eines Ganzen und verwenden fast nie die jeweiligen Vornamen für sie, weil die Namen eineiiger Zwillinge nicht dieselbe Bedeutung haben wie dein oder mein Name.
Der Roman Symbiose ist die erste deutsche Übersetzung eines Werkes des Engländers Guy Portman. Der Autor bedient sich eines höchst eigenen Stils, der uns sehr nah an der Gefühlswelt seiner ungewöhnlichen Protagonistinnen teilhaben lässt. Der Übersetzerin Claudia Rapp ist es gelungen den sicher nicht ganz einfachen Text (Stichwort: Kryptophasie) glaubhaft und flüssig ins Deutsche zu übertragen. Der Buchdeckel verspricht einen Thriller. Dieser Kategorisierung kann man sich nach vollzogener Lektüre eigentlich nicht wirklich anschließen. Symbiose lässt sich am besten als Coming-of-Age, als Psychodrama mit einem Hauch schrägen Humors beschreiben. Wird gegen Ende jedoch immer tragischer.
Die Erzählung ist dicht und spannend, ungewöhnlich und äußerst gehaltvoll. Guy Portmans Dramaturgie entzieht sich konsequent allen gängigen Konventionen, weshalb man nie weiß, um welche Ecke der Roman als nächstes abbiegen wird. Warum das Cover eine blonde, grünäugige Frau ziert, obwohl es bei Symbiose um dunkelhäutige Zwillinge geht, ist hingegen ein Rätsel. Nichtsdestotrotz eine der außergewöhnlichsten und spannendsten Veröffentlichungen dieses Jahres.
Symbiose von Guy Portman, 336 Seiten, erschienen im Festa Verlag.