Snow, Glass, Apples
Neil Gaiman nimmt sich dem Märchen von Schneewittchen an und liefert mit Snow, Glass, Apples eine sehr eigenwillige Neuinterpretation ab. Erzählt wird die Geschichte aus der Perspektive der Stiefmutter, die als junge Frau, dem König, der soeben seine Frau verloren hat, Trost spendet. Bald macht er sie zu seiner Gemahlin und die junge Königin zieht ins Schloss ein. Alle lieben die gutherzige Frau. Nur mit ihrer Stieftochter wird sie nicht warm. Die Göre spricht nicht mit ihr und legt ein immer beunruhigenderes Verhalten an den Tag. Als der König stirbt und die junge Königin den Hof übernimmt, fühlt sie sich zu krassen Maßnahmen gezwungen.
Snow, Glass, Apples ist eine Horror-Variante von Schneewittchen. Gaiman baut den Schrecken subtil auf. Zudem ist seine Version stark sexuell aufgeladen. Ein großer Trumpf sind die tollen Bilder von Zeichnerin Colleen Doran, die der Bildergeschichte einen äußerst eleganten Anstrich verpassen. Wie Gemälde wirken sie auf den Betrachter und machen Snow, Glass, Apples zu einem prächtigen Kunstband.
Ich gestehe – nicht alles von Neil Gaiman konnte mich bisher überzeugen. Oft fand ich seinen Erzählstil zu fragmentarisch, zu viel angedeutet und nicht ausgeführt. Zu selbstwichtig. Und oft fad. Das hier konnte mich voll überzeugen. Inhaltlich wie visuell ist Snow, Glass, Apples eine echt starke Arbeit. Splitter bringt die Geschichte im hochwertigen Album-Format heraus, die den zugegebenermaßen stolzen Preis (bemessen am Umfang) aber voll rechtfertigt. Ein Comic für Kenner und Liebhaber. Klare Empfehlung.
Snow, Glass, Apples von Neil Gaiman und Colleen Doran, 64 Seiten, erschienen im Splitter Verlag.