Circus of Horrors (c) 1960, 2021 Media Target Distribution GmbH(1)

Der rote Schatten – Circus of Horrors

Liebe Filmfreunde des verloren gegangenen Films, willkommen zurück bei Wonne aus der Tonne. Wir bewegen uns heute mal wieder ein gutes Stück zurück auf der Zeitleiste. Und zwar ins herrliche Jahr 1960. In diesem Jahr läutete z.B. Alfred Hitchcock mit Psycho eine moderne Spielart des Horrorfilms ein, die bis heute Gültigkeit besitzt. Dass es nicht immer Hitchcock sein muss, beweist das kleine Meisterstück Der rote Schatten – Vorhang auf!

Nach einer missglückten OP ist der skrupellose plastische Chirurg Dr. Rossiter (Anton Diffring) auf der Flucht. An seiner Seite ist Angela (Jane Hylton), die in den Doktor verliebt ist, und deren Bruder Martin (Kenneth Griffith), der oft dessen Drecksarbeit erledigt. Es verschlägt das Trio nach Frankreich, wo sie zufällig zu einem kleinen Zirkus stoßen, dessen Leitung der gute Doktor, nun unter dem Namen Bernard Schüler, alsbald übernimmt. Er operiert vernarbte Frauen und verschafft ihnen ein makelloses Äußeres. Anschließend lässt er sie zu Artistinnen trainieren und im Zirkus auftreten. Der krude Plan funktioniert und 10 Jahre später ist der Zirkus Schüler ein lukratives Geschäft. Aber wehe all jenen, die sich den Unmut des psychopathischen Chirurgen zuziehen. Diese erleiden nicht selten einen „Unfall“ im Zirkus – vor den Augen des Publikums …

Der rote Schatten – Circus of Horrors

Der rote Schatten – oder wie der sinnvollere Originaltitel lautet: Circus of Horrors – ist ein beinahe in Vergessenheit geratenes Kleinod des Horrorfilms. Regie bei dem Streifen führte Sidney Hayers und er wurde produziert vom britischen Filmstudio Anglo-Amalgated. Man betrachtete diesen Film im Rückblick als den Abschluss der sogenannten Sadian-Trilogy (in Anlehnung an Marquis de Sade) dieses Filmstudios. Also Horrorfilme, die ihren Fokus auf Sadismus mit einer ausgeprägt sexuell konnotierten Note legten – im Gegensatz zu den übersinnlichen Horrorfilmen der gleichzeitig sehr erfolgreichen Hammer-Studios jener Zeit. Bei den anderen beiden Filmen handelt es sich um Das schwarze Museum (Horrors of the Black Museum) und den handfesten Skandalfilm Augen der Angst (Peeping Tom) mit Karlheinz Böhm – beide aus dem Jahr 1959. Aber das sind andere Geschichten und sollen ein anderes Mal erzählt werden.

Am auffälligsten bei der heutigen Ansicht von Circus of Horrors ist, wie handwerklich perfekt der Film gemacht ist. Grandiose schauspielerische Leistungen, schwindelerregende Kamerafahrten und eine rasante, immer spannende Erzählweise zeugen vom außerordentlichen Geschick des Regisseurs Sidney Hayers. Ebenfalls bemerkenswert ist, dass mit Anton Diffring und Erika Remberg gleich zwei österreichische Schauspieler in den Hauptrollen dieser britischen Produktion verpflichtet wurden. Beide synchronisierten sich übrigens in der deutschsprachigen Version selbst. Beide können vollauf überzeugen und besonders Diffring spielt einen stark im Gedächtnis des Zusehers bleibenden Bösewicht. Manche Effekte sind heutzutage naturgemäß schwer albern, z.B. wenn in den Tierkostümen ganz eindeutig Menschen stecken – aber alle artistischen Einlagen sind beeindruckend und hervorragend inszeniert. Das ist dem Umstand geschuldet, dass das Filmteam im echten Zirkus des erfolgreichen Billy Smart drehen durfte. Etliche angestellte Artisten des Zirkus wirkten in Komparsen-Rollen mit und erledigten die „Stunts“. Höchst praktisch – und wohl nicht zufällig – ist die Gleichheit der Initialen des realen Billy Smart und jener des Protagonisten Bernard Schüler. So sieht man in den Zirkus-Szenen eben oft das Emblem BS, des echten Billy Smart Zirkus.

In Puncto Sex und Gewalt darf man feststellen, dass das für damalige Verhältnisse wohl ein ziemliches Brett gewesen sein dürfte. Der Bodycount ist hoch, die Tötungen teilweise richtig fies. Am stärksten sticht hier natürlich die Messerwurfszene hervor, bei der ein Messer „versehentlich“ voll trifft. Dazu gesellt sich die unangenehm-sexuell motivierte Vorgehensweise von Schüler, die ihn fast zu einer Art Triebtäter macht. Obwohl über 60 Jahre alt, besitzt Circus of Horrors somit einige Schauwerte, die ihn auch heute noch durchaus interessant und fies machen. Fans alter Horrorfilme sollten ihn so oder so unbedingt mal gesehen haben.

In diesem Sinne: Hals- und Beinbruch – und bleibt seltsam!

Der rote Schatten

OT: Circus of Horrors, GB 1960, Regie: Sidney Hayers, Drehbuch: George Baxt, Mit: Anton Diffring, Erika Remberg, Jane Hylton, u.a.

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