Everly
Liebe Filmfreunde des grenzwertigen cineastischen Erlebnisses, willkommen zurück bei Wonne aus der Tonne. Der heute vorgestellte Film passt wunderbar ins Schema des zu Unrecht verschmähten Films. Und auch wenn wir es hier nicht mit einem echten Meilenstein im eigentlichen Sinne der Bedeutung zu tun haben, so gibt es hier doch reichlich ungewöhnliche und drastische Schauwerte, die ein genuines Filmerlebnis garantieren dürften. Willkommen zur höchst originellen Everly.
Everly (Salma Hayek) lebt seit fünf Jahren als Sex-Sklavin im Puff des japanischen Mafiosos Taiko (Hiroyuki Watanabe). Ein Bulle hat Kontakt zu Everly hergestellt und wollte mit ihrer Hilfe den Prostitutionsring hochfliegen lassen, doch davon hat Taiko Wind gekriegt. Nun schickt er eine Killerbrigade zu Everly ins Puff um sie kalt zu stellen. Doch die Dame entpuppt sich um einiges zäher und wehrhafter als gedacht …
Everly ist ein Action-Thriller von Joe Lynch aus dem Jahre 2014. Sein Nichts an Handlung wird mit einem Action-Dauerfeuer kompensiert, das in seinem Irrwitz kaum zu überbieten ist. Was dabei besonders auffällig ist: Der ganze Film spielt sich (fast) ausschließlich in Everlys Zimmer im Puff ab – dass sukzessive mehr und mehr einem Kriegsschauplatz ähnelt. Während die erste Stunde dieses außergewöhnlichen Kammerspiels noch durchaus mit Ironie und absurden Situationen punktet, wird der Grundton im letzten Drittel des Films deutlich düsterer und pessimistischer. Und spätestens mit dem Auftreten einer Figur, die sich selbst „The Sadist“ nennt, fragt man sich wirklich wie es der Streifen geschafft hat, ungeschoren durch die deutsche FSK zu kommen. Die hier gezeigte Brutalität geht tatsächlich an die Nieren und hat mit Sicherheit einen großen Anteil an der bescheidenen Rezeption, die dem Film zu Teil wurde.
Salma Hayek ersetzte hier übrigens Kate Hudson in der Titelrolle, die kurz vor Drehbeginn ausgestiegen war. Man kann sich schwer vorstellen wie der Film ohne Salma Hayek aussehen würde – denn so wie er jetzt existiert gehört der Streifen voll und ganz ihr. Gekonnt spielt sie zwischen Verletzlichkeit und Wehrhaftigkeit, und macht gleichzeitig eine Top-Figur. Das Drehbuch hingegen ist vollkommener Humbug und nur Mittel zum Zweck für Regisseur Joe Lynch aus einem Minimum an Handlung, Ort und Budget ein absolutes Maximum an Schauwerten heraus zu holen. Und das gelingt ihm über weite Strecken sogar sehr gut – bevor dem Film in den letzten 20 Minuten ein wenig die Luft ausgeht. Der Sadist war dann einfach nicht mehr zu toppen. Und beim absoluten Ende hätte man vielleicht auch noch mal in sich gehen können. Aber was soll’s. Bis dahin hat Everly einfach zu viel Spaß gemacht und zu viel filmisches Können gezeigt, auf dass er wirklich die kalte Schulter verdient hätte, die ihm von Kritikern und Publikum gezeigt wurden.
Der Film war ein Voll-Flop. Die Kritiker mochten ihn gar nicht, auch wenn die Leistungen von Salma Hayek und Joe Lynch durchaus anerkannt wurden. Aber letzten Endes ist Everly wahrscheinlich einfach zu drastisch, brutal und abseitig, um auf ein breites Publikum mit Mainstream-Sehgewohnheiten losgelassen zu werden. Dass der Film nun jedoch bald als verkannter Kultfilm neuentdeckt wird, sollte hingegen endlich drinnen sein.
In diesem Sinne: Gut durchladen und bleibt seltsam!
Everly
OT: Everly, USA, 2014, Regie: Joe Lynch, Drehbuch: Yale Hannon, Joe Lynch, Mit: Salma Hayek, Akie Kotabe, Hiroyuki Watanabe, u.a.
… noch mehr Wonne aus der Tonne