Animal Crossing: New Horizons
Mit Animal Crossing: New Horizons zieht eine der letzten großen Nintendo IPs in die Welt von HD, die das bisher stetig verweigert hat. Mit dem Fehlen einer Ausgabe auf der gescheiterten Wii U ist es tatsächlich die 3DS-Version, die 2012 das letzte Mal für täglichen Spaß gesorgt hat. An den Rekordverkaufszahlen in Japan sieht man, dass sich auch ein gewisser Hunger nach einem neuen Besuch in der virtuellen Nachbarschaft aufgebaut hat. Animal Crossing ist nach altem Erfolgsrezept kein herkömmliches Videospiel bei dem es ein klares Ziel gibt. Der Spieler verbringt seine Zeit in einem verschlafenen Dorf, plaudert täglich mit Nachbarn, dekoriert die Nachbarschaft und klaubt in der Umgebung diverse Sammelobjekte auf.
Diesmal muss man allerdings schon eine Weile arbeiten, ehe man mit dem gewohnten Dorf beginnt, denn der Spieler wird auf eine unbewohnte Insel geschickt, die es zunächst einmal zu bewirtschaften gilt. Erst langsam entsteht die gewohnte Infrastruktur und die Häuser von diversen Einwohnern gesellen sich zum idyllischen Inselanblick. Auch das Eigenheim muss wie gewohnt bei Tom Nook abgezahlt sowie das Museum mit allerlei Klimbim gefüllt werden. Schnell genug ist man im klassischen Animal Crossing-Alltag angekommen und läuft sich täglich die Füße wund um Früchte einzuklauben sowie nach wertvollen Fossilen im Dreck herumzubuddeln.
Was auffällt ist mal wieder eine Nintendo-typisch exzellente HD-Umsetzung. Alle Assets wirken glorreich sowie zeitlos umgesetzt und man kann zum Vergleich kaum noch den Anblick der älteren Versionen ertragen, wenn man eine gewisse Zeit mit der Switch-Version verbracht hat. Die Musik ist ebenfalls stimmig, das Konzept altbewährt. Vor allem gibt es im weiteren Spielverlauf mächtige Tools die es erstmals erlauben die gesamte Landschaft umzugestalten – ein Feature welches durchaus das Potential hat, die Langzeitmotivation aufrecht zu erhalten.
Unverständnis macht sich allerdings breit wenn man auf die Idee kommt, den Online-Modus zu aktivieren: Die archaischen Menüs machen jeden Schritt zum wahren Albtraum. Trotz Bezahlpflicht werden hier nämlich Spiele immer lokal gehostet – und selbst das ist auf eine Weise umgesetzt, die man vor 20 Jahren kaum akzeptiert hätte. Kommt jemand auf Besuch, so müssen alle anwesenden Spieler zwei Minuten Ladezeit in Anspruch nehmen. Verlässt jemand die Insel? Ladezeit. Kommt jemand nochmal dazu? Ladezeit. Hat jemand ein Menü offen? Alle müssen warten. Die Menüs an sich gehören ebenfalls zum furchtbarsten Online-Konzept, das Nintendo jemals geliefert hat. Eine falsche Auswahl und der minutenlange Prozess startet erneut. Ein kleiner Fehler beim Eingeben eines Zugangscodes und das gesamte Spiel beginnt von vorne. Und zu guter Letzt hat man keinerlei Zugriff auf seine eigene Freundesliste: Jeder Spieler muss zunächst persönlich getroffen werden, ehe er auf der Animal Crossing-Liste landet.
Doch selbst wenn dann mal nach gefühlten Stunden alles läuft macht sich schnell Langeweile breit, denn viel tun kann man gemeinsam nicht. Minispiele, wie man sie aus den 3DS-Tagen gewohnt ist, gehören der Vergangenheit an und so beschränkt sich das Miteinander auf das absolut Notwendigste. Wenn man sich nach ein paar Wochen umsieht, fällt auf, dass generell viele Features von früher fehlen. Exzentrische Aktivitäten, die den Alltag aufmischen, sucht man vergebens – eigentlich schade. Doch es stellt sich bereits heraus dass viele Features fehlen, weil Nintendo gedenkt, diese in Form von Events laufend per Patch einzuspielen. Ein Osterevent war recht ernüchternd und hoffentlich nicht stellvertretend für die Qualität des Contents, der im Laufe des Jahres noch nachgeliefert wird.
Doch am Ende sind diese Wermutstropfen verkraftbar. Fakt ist, dass die idyllische Insel-Atmosphäre perfekt funktioniert und das Spiel überhaupt in Zeiten der Coronakrise mit perfektem Timing auf den Markt gekommen. Wer sich nach ein paar Stunden in einer heilen, wunderschönen, simplen Welt sehnt, der könnte sich keine bessere Gelegenheit wünschen als auf der neuen Animal Crossing: New Horizons Insel zu stranden und ein paar neue virtuelle Freunde zu machen.
Plattform: Switch (Version getestet), Spieler: 1, Altersfreigabe (PEGI): 3, Release: 20.03.2020, Link zur Homepage