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Interview mit Simon Maria Kubiena

Wir haben ja bereits über den Kurzfilm Vom Ende und Anfang und das dazugehörige Crowdfunding berichtet. Von daher war es nur logisch, dass wir uns auch gleich mal mit dem „Mastermind“ dahinter, dem Autor und Regisseur Simon Maria Kubiena zu einem kleinen Gespräch zusammengesetzt haben. Darin erzählt er uns, was für ihn das besondere an der Geschichte ist, wieso aus einem Kurzfilm ein größeres Projekt geworden ist und vieles mehr.

pressplay: Bei einer Geschichte wie Vom Ende und Anfang liegt es nahe gleich mal zu fragen: Wie stark ist es autobiographisch gefärbt? Hast du dich bei der ursprünglichen Idee auf eigene Erlebnisse gestützt oder hast du mit Freunden und Bekannten gesprochen und recherchiert?

Simon: Wir erzählen einen Moment, den jeder Mensch auf seine eigene Art und Weise schon einmal erlebt hat. Wenn wir uns als Erzähler nun in unsere Fantasie flüchten, verlieren wir ohne Zweifel das, was dieses Projekt ausmachen soll – Ehrlichkeit. Das erfordert, dass man sich mit seinen Erfahrungen auseinandersetzen muss und ich denke, es ist dieser Funke an wahren Geheimnissen, die jeder aus dem Team in die Geschichte einfließen lässt, der es zu einem wertvollen und feinfühligen Erzählen macht. Also ja, in der Geschichte stecken viele mir bekannte Gefühle, Sätze darin; sei es aus meinen eigenen Erfahrungen oder wie ich es von Freunden mitbekommen habe. Aber es bleibt trotz diesen ehrlichen, mir und anderen vertrauten Momenten die Geschichte von Paul und Nora. Ihre eigene, in der wir uns jedoch alle wiederfinden können, wenn wir ehrlich in uns hinein sehen.

Wie hat sich das Projekt dann im Verlauf weiterentwickelt? Wann war deutlich, dass daraus mehr wird als “nur” ein Kurzfilm?

Es war so, dass ich vor ca. einem Jahr mit Lisa Kolonovits, die das Projekt musikalisch begleitet, noch vor Fertigstellung des Drehbuchs über diese Geschichte gesprochen habe. Und sie war gleich Feuer und Flamme. Ich habe mich mit dem Schreiben damals noch zurückgehalten, weil es doch ein heikles, wie gesagt ehrliches Erzählen ist – sie hat mich ermutigt weiterzuschreiben. Ein halbes Jahr später habe ich ihr die erste Fassung geschickt, woraufhin sie sofort zu Komponieren begonnen hat. Mit der Malerei von Pilar Borower eine weitere künstlerische Perspektive einzubauen, war eine Entscheidung aus dem Bauch heraus. Ich hatte Arbeiten von ihr gesehen und es schien mir richtig, im Zugang zu der abgekitschten Thematik einen etwas abstrakten Raum zu lassen. Diesen Raum finde ich in der Malerei, wo es für jeden Betrachter seine eigene Perspektive und Geschichte gibt.

Wie war die Resonanz der anderen Beteiligten am Projekt? Wie sind sie zum Team dazu gekommen?

Im Vergleich zu meinen anderen filmischen Arbeiten (u.a. Die Fäuste mit denen wir lieben) habe ich mir für das Aufstellen des Teams diesmal viel Zeit gelassen, habe aber auch impulsiv diese oder jenen mit ins Boot genommen. Die Reaktionen auf das Buch, auf die interdisziplinäre Herangehensweise als ich sie jedem einzelnen zu Beginn vorgestellt habe, waren im Grunde sehr ähnlich; es endete meist in einem etwa dreistündigen Kaffeetrinken, in dem sehr ehrlich über eigene Erfahrungen gesprochen wurde und von dem ich jedes Mal unglaublich aufgeregt und motiviert wieder ging. Man begegnete sich nach dem Lesen des Buches sofort auf einer Ebene. Was sehr geschätzt wurde, war der ehrliche Ansatz diesen abgekitschten Moment auf andere, berührende aber nicht dramatisierende Weise zu erzählen, diese Geschichte auf das zu reduzieren was sie ist – ein Teil des Lebens.

Wie entscheidest du, welchen kreativen Input du für deine Geschichte verwendest und welche du ausschließt?

Das kann ich schwer in Worte fassen – ist meist ein Bauchgefühl.

Jetzt muss ich auch mal eine kleine wirtschaftliche Frage stellen, wieso braucht ihr gerade die Summe von € 10.000,- für einen Kurzfilm? Immerhin läuft es ja über Crowdfunding und da frage ich mich, wohin fließt das Geld? Wie kommt ihr gerade auf diese Summe?

Wir haben Anfang April einen Testdreh im kleinen, aber ziemlich kreativ aufgeladenen Rahmen gemeinsam mit Pilar und Lisa gehabt, der uns gezeigt hat, wie viel Potential diese Geschichte in sich birgt. Wir da symbolisch einen Diamanten in den Händen halten und wir haben uns gefragt, wie wir jetzt damit umgehen. Wir haben uns entschlossen den Filmdreh, die Postproduktion und auch die Verwertung daher im großen, kinotauglichen Stil umzusetzen. Nicht weil es so geil ist mit 20 Leuten auf einem riesen Set zu stehen, sondern weil uns das hohe Budget die Möglichkeit gibt, einen detaillierten und höchst professionellen Rahmen zu schaffen, der sich um die beiden Hauptfiguren Paul und Nora dreht. Einen Rahmen in dem ausprobiert und entwickelt werden kann. Konkret gesprochen fließt das meiste Geld in die technische Ausstattung sowie in das Szenenbild der Geschichte. Wir werden auf technisch höchstem Niveau drehen und uns aber zu einhundert Prozent an die Darsteller anpassen; was bedeutet, dass wir flexibel sein müssen. Mehrere Lichtstimmungen gleichzeitig zu entwickeln sowie das Wetter nachzustellen sind aufwendig und kostenintensiv. Aus kreativen Impulsen heraus sind zudem auch technische Entscheidungen, so wie die unseres Kameramanns Aljoscha Wuzella gefallen, anamorph, sprich mit speziellen Filmoptiken zu drehen, was die Geschichte unterstützt. Qualitativ hochwertiges Bild gepaart mit präzisem Inhalt – dem Szenenbild, das eine Wohnung im Umbruch erzählt. Eine Baustelle zwischen dem Gestern und dem Morgen, exakt und über einen längeren Zeitraum eingerichtet, mit den Darstellern zusammen entwickelt. Jene sehr freie Entwicklung des Buches fordert Zeit, und diese Zeit kostet einfach ungemein viel. Ein weiterer Kostenpunkt ist die Verwertung, die etwa ein Drittel des Budgets frisst, um den fertigen Film international auf Filmfestivals zu zeigen. Doch gerade eben bei jenem Verwertungspunkt soll nicht gespart werden, da wir den Film ja in erster Linie deshalb drehen, um ihn so vielen Menschen wie möglich zu erzählen, sie zu berühren.

Wie stellst du dir den weiteren Verlauf des Projekts vor? Im optimalsten Fall, auf was darf man noch gespannt sein, Abseits des Kurzfilms?

Meine Vision ist mit diesem Film und der Vereinigung jener unterschiedlichen Kunstrichtungen impulsgebend für Menschen jedes Alters zu sein, sich mit der Thematik und auch mit den eigenen Erfahrungen auseinanderzusetzen. Daher möchte ich nach Fertigstellung des Projektes gemeinsam mit Lisa und Pilar Events zu der Thematik „Junger Liebe“ entwickeln, Filmvorführungen mit Vernissagen und Konzerten verbinden, die auf kreative Art inspirieren und von denen man ausgehend miteinander in ein Gespräch tritt.

Und zum Abschluss: Warum gerade diese Geschichte? Was hat dich an Vom Ende und Anfang so gefesselt, dass du gerade diese Geschichte geschrieben hast und jetzt inszenierst?

Ich habe mir im Schreiben erlaubt und auch gewagt mir nichts auszudenken, sondern einfach das ehrlich herauszulassen was raus musste. Ich habe dann angefangen das Buch den unterschiedlichsten Menschen zu zeigen. Die Reaktionen haben mich dazu motiviert den nächsten Schritt zu machen und die Produktion zu starten. Und zwar genau jetzt, wo ich weiß wovon ich spreche und Menschen um mich herum sind, die diese Geschichte miterzählen möchten. Mich fasziniert der Trennungsmoment, in dem es um alles und um nichts geht, in dem die Welt um zwei Menschen untergehen kann, aber es für sie nur das Jetzt gibt. Den Augenblick zwischen dem erinnerungsschweren Gestern und dem absolut ungewissen Morgen. Liebe ist so unglaublich wichtig, da sie die Zukunft relativiert, den Augenblick unendlich macht. Dabei passt sie so gar nicht in unser zukunftsorientiertes System, eine Garantie wird es für ihren Bestand ja niemals geben. Man stürzt sich emotional nackt in ein Gefühl, einen Menschen, einen Moment – ohne zu wissen ob es ihn morgen noch geben wird. Und wir wagen dennoch. Immer wieder aufs Neue. Weil Liebe uns den Moment veredelt, ihm Sinn gibt und wir uns (meist) in einem anderen Menschen verlieren und wiederfinden, uns nach einer Trennung selbst viel näher sind als wir es davor waren. Und das Vergehen von Momenten gehört wohl irgendwie zum Leben dazu. Das werden wir nicht abstreiten können – wir befinden uns immer inmitten dem Ende des einen und dem Anfang des anderen.

Vielen Dank für das Interview.

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