100 DVDs in 100 Wochen: Vierzig Gewehre
Vierzig Gewehre ist die Nummer 57 im Feature 100 DVDs in 100 Wochen – ein Westernklassiker von Samuel Fuller.
Zur Abwechslung wieder mal ein Western also – mäßig begeistert setze ich mich auf die Couch und versuche den nächsten, immerhin nur, 76 Minuten möglichst entspannt entgegenzusehen. Die Story klingt zumindest auf den ersten Blick nicht nach immer den gleichen Szenen. Wir befinden uns im Jahr 1881 im heutigen Arizona – damals gesetzloses Land. Hier führt die mächtige Großgrundbesitzerin Jessica Drummond (Barbara Stanwyck) ein strenges Regime, immer umgeben von ihrer persönlichen Leibgarde, vierzig Männern mit, aha, vierzig Gewehren. Jedenfalls beginnt dieses System Stück für Stück zusammenzubrechen als Marshal Griff Bonnel (Barry Sullivan) im Auftrag der US-Regierung einen Viehdiebstahl aufklären soll. Nicht besonders überraschend führt ihn seine Spur ausgerechnet zu den vierzig Gewehren und somit mitten in die Schar Jessica’s Leibgarde. Als ob das nicht schon kompliziert genug wäre, beginnen Jessica und Griff sich wirklich zu mögen – ob sich da ein Happy End im Wilden Westen ausgeht?
Irgendwie mag ich den Film. Erstens dauert er nicht so ewig lang wie alle anderen Western die ich mir bis jetzt zu Gemüte führen musste und zweitens finde ich es interessant, dass mal eine mächtige Frau im Mittelpunkt des Geschehens steht. Keine Frage, auch sie wird schließlich von einem Mann, mehr oder weniger, gerettet – nichtsdestotrotz ist Jessica ein starker Charakter in einem Genre, das oftmals von Männern dominiert wird. Die erste Fassung war übrigens innerhalb von zehn Tagen abgedreht, allerdings war Fuller gezwungen den Schluss nachzudrehen, da dieser dem Studio zu depressiv und brutal war. Griff erschießt in dieser Version nämlich seine Jessica – in der etwas abgemilderten Variante schießt er sie nur an, um sich freie Bahn auf ihren Bruder zu verschaffen, der seine ältere Schwester als Schutzschild verwendet.
In den USA feierte Vierzig Gewehre keine Erfolge – die harten Fügungen, die latente Sexualität und wohl auch die Machart in Schwarzweiß sowie Cinemascope waren wohl zu viel für das amerikanische Publikum. Dafür wurde der Film aber in Frankreich als kühnes modernes Kino gefeiert. Eine interessante Anekdote dazu in der Innenseite der DVD: In einer berühmten Einstellung des Films betrachtet ein Mann seine Geliebte durch den Lauf eines Gewehres, eine Einstellung, welche von Godard in seinem Erstling Außer Atem zitiert wird. Fuller warf Godard augenzwinkernd, aber doch Plagiarismus vor. Godard allerdings meinte, dass das in Amerika vielleicht als Plagiat gilt, in Frankreich heißt das Hommage.
Somit komme ich also zu meiner Empfehlung: Wer mal einen Western sehen möchte, der sich nicht über Stunden zieht und eine Indianer-Cowboy-Schießerei hintereinander als „Inhalt“ hat, der ist mit Vierzig Gewehre gut beraten. Abgesehen davon ist die Machart wirklich sehenswert.
Das nächste Mal geht es weiter mit Fassbinder’s Die Sehnsucht der Veronika Voss.