100 DVDs in 100 Wochen: Bonnie und Clyde
Nummer 31 im Filmfeature 100 DVDs in 100 Wochen ist die Geschichte des berühmt-berüchtigten Gangsterpärchens Bonnie und Clyde. Die Geschichte ist weithin bekannt: In den wilden 20er Jahren galten sie nicht nur als eines der gefährlichsten Liebes- und Gangsterpaaren der USA, sondern wurden auch als amerikanische Volkshelden gefeiert. Monatelang narrten die beiden die Polizei in ganz Texas und Louisiana, plünderten dabei zahlreiche Läden und Banken aus. Ihr Tod im Kugelhagel bleibt ebenso unvergessen wie die damit einhergehende Opferinszenierung bis in die heutige Zeit.
Warum ausgerechnet Regisseur Arthur Penn das Vergnügen hatte Bonnie und Clyde zu drehen, ist eine, naja sagen wir, verschlungene Geschichte. Ursprünglich hatten die Journalisten David Newman und Robert Bentron ihr Drehbuch an François Truffaut geschickt, doch dieser lehnte ab, da er sich im Englischen zu unsicher fühlte. Auf seine Empfehlung hin wurde das Drehbuch also an Jean-Luc Godard geschickt, doch auch er wollte den Film nicht machen. Als schließlich Walter Beatty und Truffaut gemeinsam zu Abend aßen, erzählte der Regisseur Beatty von dem Drehbuch, und das die Rolle des Clyde ideal für ihn passen würde. Beatty entschloss sich daraufhin nicht nur für die Rolle, sondern kaufte Benton und Newman die Option auf das Drehbuch ab.
Und schließlich kam es dank der Überredungskünste Beatty’s dazu, dass Arthur Penn die Regie übernahm. So weit so gut also. Nichtsdestotrotz hatte man keine große Hoffnung, dass der Film auch nur irgendwie erfolgreich sein würde – doch zehn Oscar-Nominierungen und zwei gewonnene Statuen später – gilt Bonnie und Clyde als jener Film, der den Umbruch in der amerikanischen Filmindustrie bezeichnet. Truffaut soll es übrigens bedauert haben, das Drehbuch abgelehnt zu haben – später ist man halt immer gescheiter.
Warum aber ist Bonnie und Clyde so bezeichnend für die Filmindustrie? Von 1930 bis 1966 bestimmte ein selbst auferlegter Production Code, was in Filme wie dargestellt werden durfte. Und was das Töten betrifft, war man damals nicht ganz so großzügig wie heute. Gewalt sollte nicht verherrlicht, Waffen und jegliche Art von Brutalität nur sparsam eingesetzt werden (oh Mann, Tarantino wäre damals wohl vor die Hunde gegangen). Doch nach den Filmen Das dreckige Dutzend und eben Bonnie und Clyde sah die Lage etwas anders aus. Noch nie zuvor hatte man Gewalt so explizit dargestellt – der Einschlag der Kugeln in die Körper der Schauspieler sowie generell das Sterben im Kugelhagel – all das war neu und naturgemäß für die Kritiker damals nichts als schwachsinniges Herumgeballere.
Doch wie so oft revidierten die Kritiker nach nur einer Woche (Hitchcock lässt grüßen) ihr Urteil und waren plötzlich davon überzeugt, dass diese Darstellung von Gewalt nun mal zeitgemäß war und man sich damit eben abfinden müsse. Und so war es auch, denn der Film traf den Nerv der Zeit. Im Jahr 1967, als der Film in die Kinos kam, war nicht nur der Vietnam-Krieg, sondern generell politische Morde, soziale Unruhen in den Städten und die Große Depression der 30er Jahre große Themen und alltäglich gegenwärtig. Kein Wunder also, dass Bonnie und Clyde erfolgreich war.
Zusätzlich sei gesagt, dass die Gewaltdarstellungen natürlich für unsere heutigen Sehgewohnheiten lustige „ein-bisschen-mit-den-Gewehren-herumschießen“ Szenen sind, und dennoch, schadet es nicht, sich Bonnie und Clyde einmal anzuschauen. Deswegen auch meine Empfehlung: Warren Beatty und Faye Dunaway spielen so herrlich das Gangsterpärchen, dass man sich zwar fragt, warum Bonnie ein so von Langeweile besessener Mensch war, dass sie sofort mit Clyde auf Verbrechertour gegangen ist – aber trotzdem sind es durchaus unterhaltsame 107 Filmminuten, die sicher nicht umsonst sind. Nächstes Mal geht es weiter mit Otto Preminger’s Fluss ohne Wiederkehr.