Spectre
Spectre ist der 24.Teil der Bond-Serie, der vierte mit Daniel Craig als 007 und der zweite in Regie von Sam Mendes. Eine düstere Geschichte und gewohnt atmosphärische Landschaftsbilder. Der Spannungsaufbau gelingt, doch dann verlaufen sich die Spuren im sprichwörtlichen Schnee. Schafft es Spectre trotzdem in den Bond-Olymp?
Drei Jahre nach Skyfall, erzählt man anknüpfend eine Geschichte, angelehnt an ein Taschenbuch des Bond-Erfinders Ian Flemings mit dem klingenden Namen Octopussy. Es wäre kein James Bond, würde nicht schon in den ersten Minuten genügend geschehen um das Adrenalin in Wallung zu bringen. So auch in Spectre, wo die Reise mit fünfminütiger Kamerafahrt über die Dächer von Mexiko Stadt beginnt. Diese erste Sequenz lässt 007 Träume wahr werden. Eine aufwändige Kulisse, große Maschinerie und Explosionen schaffen den perfekten Einstieg in das Geschehen. Musikalisch bringt Sam Smith Titelsong (Writing’s On The Wall) noch etwas Dramatik in das Intro.
Die Mission ist kurz erklärt: Spectre ist ein internationaler Geheimbund, welcher das globale Sicherheitssystem unter Kontrolle bringen will. Dies wiederum versucht Bond zu verhindern und hält sich dabei gewohntermaßen nicht an die Regeln. Auf geht es nach Italien, Marokko und in das verschneite Österreich. Neue MI6 Vertreter auf der einen Seite – Ralph Fiennes mimt einen passablen M, C (Andrew Scott) verliert Vertrauenspunkte – und altbekannte auf der anderen – Q (Ben Whishaw) ist selbstironisch und wirkt eher wie der perfekte Schwiegersohn anstelle eines genialen Computerspezialisten. Miss Moneypenny (Naomi Harris) wurde auf einen sympathischen Cameo-Auftritt reduziert.
Zwischenmenschlich funkt es in Spectre leider wenig. Madeleine Swann (Léa Seydoux) ist die neueste Errungenschaft von Bond, nur leider geht diese Verbindung nicht auf. Da wärmen die explosiven Manöver inmitten einer Schneelandschaft eher das Zuseherherz, als die Liebelei der beiden. Der eigentliche Höhepunkt ist die Einführung von Franz Oberhauser (Christoph Waltz). Waltz gelingt etwas, was sich vergangene Bond-Antagonisten nur wünschen konnten – Suspense. Hierfür braucht er nur gesichtslos im Schatten zu sitzen, man spürt, dass sich etwas aufbaut. Unser Lieblings Österreich-Export verkörpert auf gekonnt spitzbübische Art und Weise den ultimativen Gegenspieler Bonds, vielleicht ist es auch die völlige Diskrepanz zwischen Craig und Waltz, die dem Aufeinandertreffen noch einwenig mehr Gewicht verleiht.
Ein Actionheld ist nur so gut wie seine Widersacher, daher bekommt Spectre eine völlig neue Note als sich Waltz in das Geschehen einmischt. Schon der markante Unterschied in Statur und Aussprache, lassen Chritoph Waltz als die perfekte Wahl erscheinen. Was zu guter letzt dennoch in Spectre fehlt, ist die Menschlichkeit. In den vergangen Teilen war davon deutlich mehr zu sehen, man erinnere sich beispielsweise an die „Dusch Szene“ in Casino Royal. In der neusten Produktion sind die Seiten verhärtet, obwohl mit aller Kraft versucht wird, es zwischen Swann und Bond funken zu lassen. Einzig die farbliche Abstimmung in der Ausstattung der beiden ist auffällig, alles andere eher mau und vorhersehbar.
Spectre hält sich an die üblichen Spielregeln und verortet sich zwischen Affinität zum Altmodischen – Dinner im Smoking in einem Speisewaggon – und technischer Modernität – Hightech Überwachungsstation inmitten eines Meteoritenkraters. Doch Spectre ist sehenswert, auch wenn man bisher vielleicht kein großer Daniel Craig-Fan war, die hochwertige Produktion und die gut ausgearbeiteten Filmfiguren schnüren ein schönes Paket, selbst wenn der Inhalt an Tiefe einbüßen musste. Aber wen kümmert das schon, wenn man einen kugelsicheren Aston Martin fährt und Martini trinkt? Eben! Wer wissen will, warum ein einfaches „Cuckoo!“ einen grausamen Schauer hinterlässt und eine Maus im Hotelzimmer des Rätsels Lösung sein kann, sollte Spectre unbedingt eine Chance geben.
Regie: Sam Mendes, Drehbuch: John Logan, Neal Purvis, Robert Wade, Jez Butterworth, Darsteller: Daniel Craig, Christoph Waltz, Léa Seydoux, Ralph Fiennes, Monica Bellucci, Filmlänge: 148 Minuten, Kinostart: 06.11.2015, www.007.com/spectre