Destruktion (c) 2025 Faye Hell, Verlag ohneohren(2)

Destruktion

Bei Destruktion von Faye Hell ist der Titel Programm. Sie erzählt darin von der glücklichsten aller Welten und dem Recht, unglücklich sein zu dürfen.

Glück allein macht auch nicht glücklich

Jo lebt in der glücklichsten aller Welten. Jedem geht es gut, alle sind glücklich. Man braucht sich über nichts mehr Sorgen machen. Alles Negative, alles was unglücklich macht, ist verboten. Die Welt außerhalb der Megastädten ist längst den Bach runter gegangen und im wahrsten Sinne verbrannte Erde, doch in den Städten kümmert das niemanden mehr. Denn jedem Bewohner wird beigebracht, glücklich zu sein. Die Welt ist scheinbar zu einem friedlichen Ort geworden. Doch zu welchem Preis? Jo erkennt in sich immer mehr das Potenzial negativer Gefühle, von Hass und dem Recht darauf hin und wieder auch mal unglücklich und wütend sein zu dürfen. Aber wie soll sie diese Gefühle in solch einer Welt ausleben können?

Faye Hell entwirft in Destruktion das Bild einer vermeintlich perfekten neuen Welt. Einer utopischen Welt, in der es kein Leid mehr gibt, kein Unglück, keine Angst. In der alles perfekt ist. Doch schnell wird klar, dass der Mensch oder insbesondere ihre Protagonistin Jo nicht für das absolute Glück und die Perfektion geschaffen ist. Denn eine derartige Existenz führt nicht nur zu Tristesse, sondern auch zu Leid. Destruktion zerstört das Bild einer perfekten Utopie. Es zeigt, dass der Mensch nicht nur eine Seite einer Medaille braucht, sondern beide Seiten, eine Ausgewogenheit, Ausgeglichenheit der Extreme. Denn ein Extrem, egal in welche Richtung, kann zu nichts gutem führen.

Die Seligen werden vom leidenschaftlichen Sturm der grauen Masse umhergestoßen wie willenlose Wattebällchen. Ich erkenne den Ozean wieder in der vermeintlich willkürlichen Bewegung der Masse und der Ozean ist wahrhaftig so schön wie Annes herbstmeeresgrüne Augen.

Die in Destruktion dargestellte Welt wird von Faye Hell konsequent und eloquent aufgebaut. Ein utopisches Setting, dessen zu Grunde liegende Dystopie langsam und schleichend Einklang in die Handlung findet. Gleichzeitig bedient sich Hell einer wunderbar klaren Sprache. Ein Stil, der so direkt und hart daherkommt, wie ein Schlag in den Magen, und hervorragend zur Geschichte und seiner Protagonistin passt. Aber manchmal auch nahezu lyrisch und einfach nur wunderbar zu lesen ist, dass es einen beeindruckenden Kontrast bildet. Destruktion ist ein starker Aufschrei einer starken Stimme.

Destruktion von Faye Hell, 355 Seiten, erschienen im Verlag ohneohren.

Destruktion

Destruktion (c) 2025 Faye Hell, Verlag ohneohren




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