Outline

Was tun, wenn das Leben plötzlich beginnt? Die Autorin und Zeichnerin Michèle Fischels widmet sich in ihrem leisen aber eindringlichem Debüt Outline dem besonderen Zeitabschnitt kurz vor dem Abitur.

Ben und Andreas sind schon lange befreundet. Doch über die Jahre ist man entwicklungstechnisch etwas auseinander gedriftet. Während Ben extrovertiert, erfolgreich und beliebt ist, bleibt Andreas lieber für sich und wurstelt sich durch den Schulalltag. Ben hat sehr konkrete Vorstellungen, wie das Leben von hier an weitergeht. Seine Freundin Clara spielt darin als sichere Unterstützung jedenfalls eine wichtige Rolle. Blöd nur, dass Clara eigene Pläne hat. Der stille Andreas wiederum hat mit ganz anderen Dingen zu kämpfen. Und Perspektive ist erstmal ein großes Fremdwort.

Outline ist eine konkrete Zeitabschnitt Coming-of-Age-Geschichte, deren Ausgang völlig offen bleibt. Das ist gut so, dadurch wird die Erzählung ihrem Thema und Figuren vollkommen gerecht. Zwar schlägt Fischels mehrheitlich einen tristen Ton an, doch spürt man auch die Neugierde und (zum Teil passive) Aufregung vor dem nächsten Lebensabschnitt.

Die Figuren in Outline mögen vielleicht noch keine Ahnung haben, wohin die Richtung für sie geht, aber Michèle Fischels gibt ihnen mit ihrem Strich maximalen Ausdruck und Tiefe. Das ist insofern beeindruckend, da die Bilder auf den ersten Blick etwas Unfertiges, Rohes an sich haben. Doch hier sitzt jeder Strich und die vielfältigen Expressionen auf den Gesichtern der Charaktere, erzählen mehr als es jede Sprechblase könnte.

Outline geht sehr ernsthaft und behutsam mit seinen Themen um. Die starke Atmosphäre der Bilder, mit ihren Schattierungen und Farbtönen, zählt zum Aufregendsten was mir heuer in Sachen Graphic Novel in die Hände gefallen ist. Eine tolle Arbeit, die keinen großen Wow-Effekt benötigt, um sich ins Gedächtnis der Leserschaft einprägen zu können.

Outline von Michèle Fischels, 208 Seiten, erschienen bei Reprodukt.