Darwyne (c) 2024 Colin Niel, Suhrkamp Verlag(2)

Darwyne

In Darwyne erzählt Colin Niel von einem zehnjährigen Jungen, der in einem Slum am Rande des Amazonas lebt und eigentlich nur von seiner Mutter geliebt werden will.

Darwyne lebt mit seiner Mutter Yolanda in Bois Sec. Ein Slum am Rande des Amazonasgebiet. Seine Mutter kämpft sich tapfer und klug durch das Leben. Darwyne ist körperlich beeinträchtigt und meistens schmutzig. Er ist lieber im Dschungel und unter Tieren, als sich mit Menschen abzugeben. Nur seine Mutter liebt er über alles, aber sie hält ihn für ein Monster. Und dann sind da die neuen, ständig wechselnden Stiefväter. Jhonson ist Nummer acht. Und dann taucht Mathurine auf, eine Sozialarbeitern, die herausfinden will, ob es Darwyne gut geht. Sie ist selbst sehr naturverbunden und gerne im Dschungel. Ihr gelingt es eine Bindung zu Darwyne aufzubauen, als sie merkt, dass er eine besondere Beziehung zu Tieren und Pflanzen hat.

Darwyne humpelt hinter ihr her, stolpert über Schlaglöcher. Bis nach Bois Sec ist es ein Stück. Dort gibt es keine Kirche: Falls die Behörden eines Tages beschließen, das Viertel dem Erdboden gleichzumachen, wie es anderswo bereits geschehen ist, soll das Gotteshaus nicht in Gefahr sein. Deshalb marschieren sie unter der Äquatorsonne die brennend heiße Straße entlang, ein ungleiches Paar, sie hochgewachsen und stolz, er linkisch und gebeugt.

Colin Niels Darwyne wird als Thriller verkauft, doch dieses Genre bedient der Roman irgendwie nicht. Dafür konzentriert sich Niel zu sehr auf Milieuschilderung und Charakterstudie. Und das macht er gekonnt. Darwyne liest sich wie ein Einblick in eine fremde Welt, einen Slum, ein Milieu und deren Menschen, von denen man auf diese Art selten liest. Dabei erzählt der Roman eine durchaus interessante Geschichte, nur eben keine wirklich spannende. Das einzige, was Rasanz und Tempo vermittelt, ist der Stil, die Sprache von Colin Niel.

Sein Schreibstil zieht einen sofort in den Bann und ist eines der Highlights des Romans. Doch Spannung erzeugt der Roman damit auch kaum. Deshalb fällt er als Thriller durch und liest sich stellenweise eher wie ein rasantes Sachbuch. Man darf sich da also von der Vermarktung des Romans nicht verunsichern lassen. Darwyne ist also weniger ein spannender Thriller als eine interessante Milieu- und Charakterstudie. Und so gesehen funktioniert der Roman wiederum und zeigt Colin Niel als starken Stilisten.

Darwyne von Colin Niel, 302 Seiten, erschienen im Suhrkamp Verlag.

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