Hashtag #DDR
Was wäre wenn sich der Mauerfall nie ereignet hätte? Wir schreiben das Jahr 2023. Der Kalte Krieg hat nie geendet, die beiden deutschen Staaten sind weiterhin getrennt. Während die Menschen im Westen in einer modernen, kapitalistischen Demokratie leben, leiden die Menschen im Osten unter einem diktatorischen Überwachungsstaat.
Als der westdeutsche YouTuber Lonzo ein Video mit dem Titel „Die Zerstörung der DDR“ veröffentlich rückt er sich damit nicht nur ins Augenlicht der realsozialistischen Staaten, sondern droht auch für die BDR zum Sicherheitsrisiko zu werden…
Deutschlandfunk, Ost-Berlin – Die DDR-Führung hat als Konsequenz aus dem veröffentlichten Video des YouTube-Stars Lonzo die ständige Vertreterin der Bundesrepublik, Magdalena Lichtenberg, des Staates verwiesen. Das Video verbreitet Falschbehauptungen über die DDR. Das die Bundesregierung nicht einschreitet sei ein beispielloser Vorgang, und belastet die diplomatische Beziehung nachhaltig.
Die Grundidee von Holger Kreymeier finde ich recht interessant. Was wäre wenn sich der Mauerfall so nie ereignet hätte und sich die realsozialistischen Staaten mit Neuerungen des 21. Jahrhunderts, wie dem Internet und damit einhergehenden Online-Aktivisten, herumschlagen müssten? Viele Gegebenheiten im Buch sind realen Ereignissen nachempfunden. Thematisiert werden unter anderem Probleme bei der Digitalisierung, der Umgang mit einer weltweiten Pandemie, Klimakleber und Verschwörungstheorien.
Auch Lonzo ist einer realen Person nachempfunden, dem deutschen YouTuber Rezo. Die Idee einen YouTuber zu einer zentralen Figur einer Geschichte zu machen gefällt mir sehr gut, die Umsetzung ist jedoch etwas plump und einfach zu nah am realen Vorbild. Warum am Ende unbedingt noch Lonzos inzestuöses Interesse an seiner Cousine angesprochen werden muss, ohne dies in irgendeiner Form zu reflektieren, ist mir auch schleierhaft.
Geschrieben ist das Ganze sehr modern und spannend, Langeweile kommt selten auf. Kreymeier erzählt das Geschehene aus vielen verschiedenen Perspektiven, baut auch Nachrichtensendungen und Social-Media Beiträge ein, und vermittelt so ein umfassendes Bild seiner Alternativwelt. Sehr gutes world building.
Sieht man über die kleinen Kritikpunkte hinweg, bleibt immer noch ein durchaus spannender Politthriller mit einem interessanten Hintergrundkonzept. Der Fokus auf Online-Aktivismus ist definitiv zeitgemäß. Weglegen möchte man das Buch nur ungern. Und wer weiß vielleicht ist es ja nicht Kreymeiers letzte Geschichte die sich in der DDR 2023 abspielt. Ich für meinen Teil würde mich über eine Forstsetzung freuen.
Hashtag #DDR von Holger Kreymeier, 304 Seiten, erschienen im Solibro Verlag.
