Deadwood
Deadwood von Pete Dexter ist ein ruhiges Gesellschaftsporträt, ein unaufgeregter Western, der das Genre entmystifiziert und auf historischen Quellen basierend – manchmal spannend, manchmal interessant, erzählt er ein durch und durch realistisches Drama.
Er erwähnte diesen Sinneswandel gegenüber keiner Menschenseele, noch nicht einmal Charley wusste davon, aber Mike Williams aus Versehen zu töten bedeutete, auch selbst aus Versehen getötet werden zu können.
Im Dakota-Territorium 1876 treffen in der Siedlerstadt Deadwood zahlreiche Figuren aufeinander. Der legendäre, aber von Alter und Krankheit gezeichnete Wild Bill Hickok und sein langjähriger Kumpel Charley Utter möchten in der Stadt ihr Glück versuchen und sich dort vielleicht sogar zur Ruhe setzen. Aber Deadwood ist kein Ort der Ruhe und Geborgenheit, in Deadwood herrscht Gier, Korruption und ganz besonders die Gewalt. Doch die Geschichte von Wild Bill und Charley ist nur eine von vielen, die in der schmutzigen Stadt kulminiert, denn da sind auch noch der Sheriff Seth Bullock und sein Kollege Solomon Star, der Hurentreiber Al Swearengen, der aufschneider Captain Jack Crawford, die resolute Calamity Jane, der feige Mörder Jack McCall und noch viele mehr. Manche von ihnen treffen sich nie, andere geraten aneinander, mit verheerenden Folgen.
Es war eines der Geheimnisse seines Lebens, diese Gedanken, die ohne Worte existierten. Einmal hatte Bill genau dasselbe auch gesagt.
Deadwood ist kein actionreicher Western, hier gibt es keine überlebensgroßen Mythen, keine Revolverhelden, keine eindringlichen Duelle. Pete Dexter schreibt sachlich, nüchtern und gut recherchiert über eine grausame Zeit der amerikanischen Geschichte, über einen Wilden Westen der von Rohheit und Brutalität dominiert wurde, der nichts heldenhaftes an sich hatte – und wenn, dann findet man es nur im Detail, im Kleinen. Manchmal liest sich der Roman mehr wie ein Tatsachenbericht, was stellenweise die Spannung nimmt und die Geschichte sehr nüchtern macht. Dann gibt es aber auch immer wieder Kapitel, die so mitreißend sind, dass man einfach weiterlesen muss. An diesen Stellen merkt man besonders gut, was für ein starker Autor Pete Dexter ist. Sein Stil kann sogar so alles dominierend werden, dass es einem glatt aus der Geschichte reißt und man sich in manchen Passagen verliert, weil das Geschriebene schlichtweg so beeindruckend und atemberaubend gut ist.
Sie landete mit der Öffnung nach oben, mit einem Laut, der sich so endgültig anhörte, wie etwas, das am Ende seiner Kräfte angelangt war.
Erst am Ende, eigentlich sogar erst nach der Lektüre zeigt sich, wie wichtig dieser Wechsel zwischen ruhigen und rasanten Passagen ist, zwischen nüchternen Tatsachen und spannenden Momenten, denn was Pete Dexter mit Deadwood vorzüglich gelungen ist, ist die Nachwirkung seines Romans. Auch wenn er beim Lesen nur zeitweise wirklich umhaut und begeistert, so bleibt dafür im Nachhinein extrem viel hängen und man spürt den Roman noch lange Zeit danach. Pete Dexter schwört den Wilden Westen ungemein realistisch herauf, wahrscheinlich so realistisch, wie er sonst selten beschrieben wird, und gleichzeitig so glaubhaft, man hat das Gefühl, der Autor hat das alles selbst erlebt und war bei den Ereignissen anwesend – und dieses Gefühl gibt er auch an den Leser weiter.
Deadwood von Pete Dexter, erschienen im Verlag Liebeskind.