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Interview mit Jean Schulz und Steve Martino zu Die Peanuts

Die Peanuts zeigen einem, was es heißt, menschlich zu sein.“ 65 Jahre ist es her, da erschuf der amerikanische Comic-Zeichner Charles M. Schulz einen Haufen Vorstadtkinder, in deren Welt einem der Football immer in letzter Sekunde weggezogen wird, psychologischer Rat für 50 Cent zu haben ist und Staub einen auf mysteriöse Weise verfolgt. Ihre Namen sind Charlie Brown, Lucy, Schroeder … klar, die Peanuts!

15 Jahre nach dem Tod ihres geistigen Vaters erobern die Helden aus der Tageszeitung zum vierten mal die Leinwand – und die dritte Dimension. Schulz‘ Witwe Jean Schulz und Regisseur Steve Martino verrieten pressplay beim Interview in Berlin, was die Comic-Kids so einzigartig macht.

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pressplay: Woher kam die Idee, einen neuen Peanuts-Film zu machen und dazu in 3D?

Schulz: Die Leute fragten uns seit einer Weile und wir waren nicht interessiert. Aber Craig Schulz, mein Stiefsohn, hatte eine Idee für etwas, das er animieren wollte. Dann bat er seinen Sohn ihm zu helfen, eine Handlung daraus zu machen. Als sie etwas hatten, von dem sie glaubten, es würde funktionieren, gingen sie zu … Ich weiß gar nicht, zu wem sie gingen, denn ich habe bei all dem nicht zugehört (lacht).

Martino: … und ich weiß auch nicht, wo sie hingingen. Aber für mich begann es mit einem wundervollen kleinen Meeting im „The Warm Puppy“, wo ich mit Craig zusammensaß und er von der Story erzählte. Er erwähnte, dass er einige Sachen gesehen hatte, die ich gemacht hatte – Horton hört ein Hu – und fand, dass das eine originalgetreue Darstellung dieses Werks auf der Leinwand sei.

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Hattest du Angst vor dem enormen künstlerischen Erbe und Kult um die Peanuts?

Martino: Ja. (lacht) An allererster Stelle bin ich ein riesiger Fan. Zwei Gedanken gingen mir durch den Kopf. Der eine war: das ist eine Riesenverantwortung. Als ich mit Jeanie für eine Ausstellung von Peanuts-Originalzeichnungen nach Japan kam, realisierte ich, wie bekannt die Peanuts in der ganzen Welt sind. Mit dem Projekt trage ich die Verantwortung für die Fans. Aber der andere Gedanke, den ich hatte, war, dass ich lieber in den Prozess involviert bin und eine Chance habe, damit so sorgsam wie möglich umzugehen, statt es jemand anderes machen zu sehen, und dann enttäuscht zu werden. Die Angst war sicher eine starke Motivation für mich und das komplette Team.

Schulz: Ich habe immer schon gesagt: Die Leute tun mehr Dinge aus Angst als aus positiver Motivation.

Martino: Sobald ich zum Studio zurückkam, spürte ich, ich arbeite mit einer Gruppe Leute, die ebenfalls große Fans sind. Dank sei Jeanie und dem ganzen Team des Schulz-Museums, die uns diese Welt eröffnet haben, nicht nur die künstlerische Welt, sondern Charles Schulz Lebensgeschichte. Wir hatten so eine tiefere Beziehung zu dem Mann und seinem Werk und fühlten uns noch mehr verpflichtet, dem gerecht zu werden.

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Umfasst das Archiv tatsächlich alle Zeichnungen von der ersten bis zur letzten?

Schulz: Wir haben 7500 der Comic-Strips, aber viele, viele der frühen haben wir nicht. Aber ich denke, dass wir unter diesen rund 7000 genug aus jeder Ära haben, um zu sehen, wie sich die Charaktere verändert haben. Ich habe den Leuten immer erzählt, dass Charlie Brown zu allererst gar nicht Charlie Brown war. Er war ein Streichespieler. Einmal war er sogar gemein zu Snoopy.

Können Sie erklären, warum die Peanuts so beliebt waren und noch sind?

Schulz: Weil die Peanuts das Menschliche berühren. Die Peanuts zeigen einem, was es heißt, menschlich zu sein. Sie besitzen jede Facette menschlicher Emotionen, Ängste und Hoffnungen. Sparky sagte immer: „Die Kindheit ist keine leichte Zeit. Es ist eine schwierige Zeit.“ Als Erwachsene glauben wir, die müssen sich um nichts Sorgen machen. Aber sie leben in ihrer eigene Welt aus Unsicherheiten und Ängsten und ich glaube, die schlimmste Angst ist: Werde ich allein gelassen werden? Er ging darauf ein und die Leute erkannten es.

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Überdauert das gleiche Konzept im Film?

Martino: Absolut! Tatsächlich sind die Gedanken und Kämpfe, von denen Jeanie gerade sprach, zeitlos. Charlie Brown fühlt sich unzureichend und fragt sich wegen des kleinen rothaarigen Mädchens: Könnte sie mich je lieben? Das ist das Brillante an den Peanuts. Es rührt an das, was wir alle fühlen. Hier, auf der Comic-Seite, betrachtet man eine Figur wie Charlie Brown oder Lucy und man sieht sich selbst. Man kann über Charlie Brown lachen, aber so, dass man über sich selbst lacht. Da ist ein kleiner Spiegel, der sagt: „Ich kenne dieses Gefühl. Ich habe das selbe gemacht.

Gibt es eine Figur, in der du dich besonders widerspiegelst?

Martino: Während der Arbeit an diesem Film gewann ich eine viel größere Wertschätzung für Charlie Brown. Im ersten Jahr des Films haben wir gewisse Sachen ausprobiert. Wir hatten ein bestimmtes Ziel, so wie Charlie Brown den Drachen steigen zu lassen versucht. Es gab Tage, da gingen wir zur Arbeit und am Ende des Tages war der Drachen abgestürzt und wir in der Schnur verheddert. Was ich an Charlie Brown schätze, ist, dass für ihn der nächste Tag immer so läuft: „Heute ist der Tag, wo wir gewinnen werden, Leute!

Schulz: Wir werden den Drachen steigen lassen!

Martino: Wenn der Tag davor ein besonders schlechter war, hatte ich ein Charlie-Brown-Sweatshirt, das ich zur Arbeit trug, als eine sichtbare Erinnerung an mich selbst: Heute ist der Tag, an dem wir es schaffen! Was mich erstaunte war, dass Sparky jeden Tag zu diesem Zeichentisch ging und ob er einen Einfall hatte oder nicht, er machte die Arbeit. Und wahrscheinlich gab es Tage, an denen keine Einfälle kamen. Du musst die Arbeit machen und du musst sie mit Hingabe machen. Ich denke, deshalb sind die Comic-Strips 50 Jahre lebendig geblieben.

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Es käme eine 2D-Version heutzutage nicht in Frage?

Schulz: Ich denke, das trifft zu. Erstmal: Niemand hätte sie finanziert. Das ist Nummer eins.

Martino: Nur soviel: ich habe viel darüber nachgedacht. Ich stand am Zeichentisch und sah, wie Sparky diese Figuren zeichnete. Wir versuchen diese Linienführung in der Neuerschaffung dieses Werks zu finden. Für mich sind es einfach emotionale Dinge, die wir tun. Es ist der Pinsel, den wir heute benutzen. Meine Hoffnung war, dass du Charlie Browns Welt betreten kannst und sie wirklich existiert.

Charles M. Schulz sagte, nach seinem Tod keine Comics mehr. Wäre er hiermit glücklich?

Schulz: Die Comic-Strips waren seins. Er hatte die Ideen und packte sie in Panels. Aber wenn es darüber hinaus ging, war es Kollaboration. Weil sie so unerbittlich sind, ist es schwierig für die Leute, diese Unterscheidung zu machen.

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