Blair Witch
Das Horrogenre ist im Gaming-Bereich eigentlich kaum noch beachtet. Wen interessiert also schon eine laue Lizenz-Inszenierung wie Blair Witch, basierend auf dem vielbeachteten Kultklassiker Blair Witch Project von 1999?Doch wäre es ein Fehler den Titel vollends zu übersehen, denn hinter der abgegrasten Lizenz verbirgt sich eine erstaunlich kompetente Horror-Perle.
Man kann den Entwicklern nicht vorwerfen an Aufwand gespart zu haben. In Blair Witch begibt man sich in einen düsteren, virtuellen Wald, auf der Suche nach einem verschwundenen Jungen. Eine Umgebung, die in vielen Spielen schon versucht wurde und eigentlich, wenn wir ehrlich sind, immer extrem künstlich wirkt. Die Natur hat etwas an sich, das nur schwer zu emulieren ist. Eine Vielzahl an in sich verschachtelten Details, die von der menschlichen Wahrnehmung nicht einfach zu scannen ist und so immer Spielraum für die Vorstellung, für das Unheimliche lässt. Zumeist sind Wälder in Videospielen aber steril und berechenbar, manchmal aus Gründen der Technik, aber auch wegen dem Budget.
In Blair Witch allerdings, merkt man, dass sich die Entwickler von Bloober Team wirklich Mühe gegeben haben diesem Problem zu entkommen und so sind die Umgebungen mit einem überzeugenden Maß an Detailreichtum ausgestattet, der es dem Spieler erlaubt, die natürlichen „Leinwände“ mit dem Schrecken der Vorstellung zu füllen. Rein audiovisuell ist Blair Witch ein Meisterwerk und überzeugt auch mit seinen Gimmicks wie etwa Retro-VHS Rekorder-Menüs oder Uralthandy-Bedienung, die völlig reibungslos die Immersion anheben.
Das Highlight des Spiels ist aber der Umstand, dass der Spieler nicht allein durch den Wald streift: Mit dabei ist immer ein Spürhund, der rein mechanisch gesprochen, perfekt umgesetzt wurde. Die spannende Dynamik, die sich aus ungesehenem Schrecken und einem treuen Haustier ergibt, kann vorab schon antizipiert werden und in der Tat ist das Feature so gut umgesetzt, dass das Spiel seine ganz eigene Qualität entfalten kann, ohne sich zu sehr auf die Lizenz verlassen zu müssen. Es entsteht eine Aneinanderreihung äußerst beunruhigender Szenarien, die sich aufgrund des beschriebenen Aufwands beinahe wie echte Erinnerungen anfühlen.
Wie für das Genre üblich, gelangt der Aufbau gegen Ende ein wenig ins Stolpern und wird dann doch ein wenig zu berechenbar um die beunruhigende Atmosphäre der ersten Stunden zu einem stimmigen Finale zu führen. Doch trotz des enttäuschenden Schlusses ist Blair Witch insgesamt eine große Empfehlung wert. Ein furchteinflössender Walking-Simulator wie dieser kann einem schon mal den ganzen Abend vermiesen – im nesten Sinn.
Plattform: Switch (Version getestet), PC, PS4, Xbox One, Spieler: 1, Altersfreigabe (PEGI): 16, Release: 25.06.2020, Link zur Homepage