Interview mit Kameramann Costa Konstantinou über Die Rückkehr des Daumens
Die Komödie Die Rückkehr des Daumens weiß nicht nur durch seinen Humor zu beeindrucken, sondern auch wie die Geschichte filmisch erzählt wird.
Die Integrierung eines dokumentarischen Stils an gewissen Stellen des Films unterstreicht zusätzlich das Filmvergnügen und bietet ein visuelles Gegenstück zur Art der Erzählung. Ein guter Grund also, sich mit dem Kameramann Costa Konstantinou darüber zu unterhalten.
pressplay: Wie bist du zu Die Rückkehr des Daumens gekommen?
Costa Konstantinou: Da muss ich ein wenig ausholen. 2014 haben ich und Daniel Steiner als Kameramann-Team mit Regisseur Vlado Priborsky für die St. Anna Kinderkrebsforschung das Charity-Kino-Projekt Blockbuster: Das Leben ist ein Film gedreht. Soweit ich weiß war das Österreichs erster Charity-Film in Spielfilmlänge und mit Kinoauswertung. Und wie es der Zufall so will, war Regisseur Flo Convey 2015 bei der Premiere von Blockbuster im Gartenbaukino mit dabei. Als Flo, Markus und Alex dann beschlossen haben aus ihrem Daumen-Kurzfilm aus dem Jahr 2014 einen Langfilm zu machen, haben sie mich via Facebook kontaktiert. Ich hab mich mit Flo auf ein Bier getroffen, und er hat mir die Geschichte kurz erzählt. Zwei Wochen später waren wir die ersten Locations suchen.
Wie kam es zum filmischen Look? Warum diese Mischung aus “normal” gefilmten Szenen und dem dokumentarischen Stil?
Also um ehrlich zu sein war das von Anfang an nicht ganz so geplant. Flo und ich haben im Vorfeld viel über Sportfilme und Sportlerdokus geredet und wollten dann eigentlich eine dokumentarische Kamera ähnlich wie bei Pumping Iron haben. Mehr und mehr hat sich dann aber in der Planung gezeigt, dass unsere Geschichte viel zu vielschichtig ist, um sie einfach nur dokumentarisch abzudrehen. Eine komplett klassische Kameraführung hätte vermutlich das Gefühl des Dabeiseins, wie wir es erzählen wollten, zerstört. Also haben wir uns entschieden einfach mal was zu wagen, und zwei völlig unterschiedliche Stile miteinander zu kombinieren. Flo hat mir in dieser Hinsicht freie Hand gelassen, und ich hab von Szene zu Szene entschieden, was ich denke, dass die Geschichte am Besten unterstützt.
Was war für dich die herausfordernste Einstellung bzw. Szene?
Hm, schwierig. Eigentlich war das ganze Projekt sehr herausfordernd. Vor allem auch, weil es immer dieses Spiel zwischen Doku und szenischem Dreh war. Technisch am schwierigsten umzusetzen waren vermutlich die Szenen in Lukis Garten. Also all die Daumenyoga Geschichten. Wir haben dafür den gesamten Bereich mit Diffusion überspannt um über den Kurs von 2 Tagen kontinuierliche Lichtverhältnisse schaffen zu können. Das war recht aufwendig. Die schwierigste Einstellung war witzigerweise die am Allerletzten gedrehte, nämlich das Motivationsgespräch zwischen Coach und Luki im Auto, vor dem Endkampf gegen den Cyborg. Was den Dreh so kompliziert gemacht hat, war die unmittelbare Nähe zum Flughafen Wien Schwechat. Wir haben 27 Takes gebraucht, bis der Tonmann Raphael Ortner genug Material ohne Flugzeuggeräusche hatte.
Wie hat die Zusammenarbeit zwischen dir und Regisseur Flo Convey konkret ausgesehen?
Da wir ja in mehreren Drehblöcken über die Dauer von 9 Monaten gedreht haben, war’s generell so, dass Flo und ich uns zusammengesetzt und die nächsten Szenen besprochen haben. Dann waren wir gemeinsam die Locations, die Produktionsleiter Hannes Sumnitsch gesucht hat, ansehen und haben dort grob besprochen wie wir die Szene auflösen wollen. Vor allem auch, ob dokumentarisch oder szenisch gedreht werden soll. Ich hab mich dann um alles Technische gekümmert (vor allem, da anders als bei reinen Dokus, bei uns jede einzelne Einstellung geleuchtet war), Flo um das Schauspielerische. Und vor Ort haben uns dann die Schauspieler mit ihrem Improvisationstalent überrascht und alles nochmals eine Spur anders (aber besser) gemacht als geplant. Da ich darauf geschaut habe, dass wir nach Möglichkeit 360° leuchten, und wenn das nicht ging zumindest für 180° haben, konnten ich und meine Kamera-Operator (wir haben mit bis zu 5 Kameras gleichzeitig gedreht) Regisseur und Schauspielern auch recht viel Freiraum zum Improvisieren geben.
Mal eine rein pragmatische Frage: Kann man in Österreich als Kameramann von der Arbeit bzw. dem Angebot leben?
Nächste Frage bitte. Von einem nicht-geförderten Spielfilmprojekt alle zwei Jahre kann man sicher nicht leben, aber die meisten, mich eingeschlossen, leben ja eigentlich eher von Werbung, Imagefilm, Musikvideo und dergleichen. Die Spielfilme sind die Kirsche am Schlagobers oben drauf. Leider hat Österreich was Förderungen für Newcomer betrifft da noch ziemlich was nachzuholen.
Was zeichnet für dich einen guten Kameramann aus?
Wenn ich mir so ansehe, wer alljährlich für Oscars in der Kategorie Cinematography (Anm.: das ist die internationale Bezeichnung eines Kameramannes beim Film, also Cinematographer, bzw. die technische Bezeichnung Director of Photography – kurz DP) nominiert wird, dann fällt mir auf, dass das meist langjährig gediente Kameraleute sind. Selten ist jemand in meinem Alter schon da, wo sich ein Roger Deakins oder Emmanuel „Chivo“ Lubezki befindet. Das waren die aber mit 30+ auch noch nicht. Was diese Herren (leider gibt es in unserer Profession recht wenige Damen) von der Masse abhebt, ist, dass sie über die Jahre einen eigenen Stil entwickelt haben. Der Thriller Sicario von Roger Deakins sieht anders aus als sein Blade Runner 2049, aber in beiden kommt der Deakins-Stil durch. Einen Spielfilm lang so zu leuchten, bzw. schwenken zu lassen, dass nicht nur der Film wie aus einem Guss wirkt, sondern auch der jeweilige Stil präsent ist, das ist was einen Meister auszeichnet.
Was für einen Film würdest du gerne einmal machen? Ein bestimmtes Genre, experimentell, Dokumentation, etc.
Ich hab mich in den letzten Jahren an recht vielen Kurzfilmen versucht, bis auf experimentell, war da denk ich jedes Genre mindestens einmal dabei. Dokumentationen hab ich auch schon einige gedreht, eine ist sogar im Kino gezeigt worden. Die letzte Reise der Donauschwaben – Besuch in der alten Heimat ist ein Film über die Nachkommen, im letzten Weltkrieg vertriebener deutscher Minderheiten aus dem heutigen Serbien. Das einzige was mir noch fehlt, und was ich gerne mal drehen würde, wäre ein vollständig finanzierter Film (zwinker!). Ich würde gern mal wirklich planen dürfen, und weniger improvisieren. Wobei ich darin anscheinend ganz gut bin, ich werde ständig fürs improvisieren zu Projekten hinzugezogen. Auch eine Serie würde ich gern mal machen. Für Amazon Prime oder Netflix. Das wäre eine coole Herausforderung.
Vielen Dank für das Interview.