Tony Hawk’s Pro Skater HD
1999: MTV spielt noch Musik, die Welt fürchtet sich vor „Y2K“ und Tony Hawk gibt sein Debüt auf Sonys Playstation. Während Erinnerungen an die ersten beiden langsam verblassen, sorgen die Entwickler von Robomodo dafür, dass wir in „Tony Hawk’s Pro Skater HD“ noch einmal ein paar der Locations aus Teil 1 und 2 der „THPS“-Reihe zu Gesicht bekommen – lange bevor sie mit einem Mangel an Innovation und/oder bei der Ausführung zu kämpfen hatte.
Skepsis war nach der ersten Ankündigung defintiv angebracht, war doch gerade Robomodo mitverantwortlich für den relativ abrupten Stopp der Erfolgsserie – Stichwort: Skate-Controller. Anstatt das Neversoft-Erbe dem selben Schicksal zu überlassen wie das „Guitar Hero“-Franchise, entschlossen sich die Chicagoer Entwickler für die von den Fans am ehesten herbei ersehnte Lösung: Zurück zu den Wurzeln. Und auf den ersten Blick funktioniert das ganz hervorragend. Bereits an der Verbreitungsmethode macht sich ein erfrischender Minimalismus bemerkbar: anstatt auf unnötige Zusatz-Hardware und den damit einhergehenden Preisen setzt Activision diesmal auf Xbox Live (bald auch PSN und PC): Für 1200 Punkte bekommt man 7 Strecken aus Teil 1 und 2, darunter „Warehouse“ und „Hangar“, weitere Strecken aus dem dritten Teil sind als DLC geplant. Als Skater steht neben Tony Hawk, Eric Koston und Co. auch Riley Hawk, Sohn des Namensgebers der Serie, zur Verfügung – Spieler des Originals werden sich spätestens an dieser Stelle alt fühlen.
Wenn man sich erst einmal entschieden hat, rollt man auch schon die erste Rampe im „Warehouse“ hinunter – ein Sprung, richtiges Timing zum Grind, und dann nur nicht schief landen… nunja, zumindest hinterlässt man scheinbar noch immer Blut, wenn man stürzt. Dank zurückhaltender Innovation im Controller-Design von Sony und Microsoft spielt sich „Tony Hawk’s Pro Skater HD“ wie damals auf der Dreamcast oder PSX. Nach einem ersten Durchlauf, der mit dem verzweifelten Grübeln, wo denn die Secret Disc versteckt war und viel weniger Punkten als früher beendet wird, sollte man die Nächste Runde nützen, um die Optik des HD-Remakes zu begutachten – diese ist gut gelungen, stellt zwar keinen Meilenstein dar, aber zumindest das N64 definitiv in den Schatten. Robomodo ist dem ursprünglichen Level-Design treu geblieben, die verwendete Unreal-Engine sorgt für ein paar unfreiwillig komische Sturzanimationen und Slow-Downs, die aber zu verschmerzen sind.
Während die Levels also sanft erneuert worden sind, ohne das ursprüngliche Design zu verändern, ist man beim Soundtrack einen etwas radikaleren Weg gegangen. Nur fünfzig Prozent der Songs sind aus den ersten zwei Teilen übrig geblieben, zu Bad Religion und Goldfinger gesellt sich jetzt deutlich mehr Hip Hop – ein Fall von „Geschmackssache“. Schade, stellte der ursprüngliche Soundtrack doch auch einen wesentlichen Bestandteil der Serie dar. Auch bei den Features muss man Abstriche machen: die lediglich 7 Strecken (der erste Teil alleine hatte 9) sind noch zu verkraften, das Fehlen des Splitscreen-Modus – inklusive „Horse“ – jedoch umso weniger. Dass man keinen eigenen Skater zusammenstellen kann (als schwachen Trost kann man den eigenen Xbox-Avatar spielen) ist ebenso bitter wie das Fehlen des Park-Editors. Und dass man den „Revert“ (zugegeben, erst in THPS3 erschienen) als DLC dazukaufen muss, wirkt dann fast schon dreist.
„Tony Hawk’s Pro Skater HD“ ist ein gutes Remake, das der angeschlagenen Serie zu neuem Schwung verhilft – neben all den (leider zahlreichen) Kleinigkeiten, die noch zu verbessern wären, macht es eine wesentliche Sache richtig: das Gameplay stimmt einfach. Langjährige Fans werden zwar mit Sicherheit das ein oder andere liebgewonnene Feature (oder eine Strecke, oder einen Teil des Soundtracks) vermissen, aber „THPS HD“ demonstriert eindrucksvoll, warum die Serie vor 13 Jahren so erfolgreich war und auch heute noch sein könnte, wenn man den Mut ergreift und sich auch in Zukunft wieder mehr auf das Wesentliche beschränkt.
Plattform: XBLA (Version getestet), PC, PSN, Altersfreigabe (PEGI): 12, Spieler: 1-4, Erscheinungsdatum: 18. Juli 2012 (XBLA)