Entdecke PROMETHEUS – Charakterentwicklung David
„Ich bin hier sozusagen der Butler an Bord“, stellt Michael Fassbender seine Figur David auf gewohnt selbstironische Weise vor. „Eigentlich nur ein Weltraumbutler.“…
Die Figur David repräsentiert die Unternehmensinteressen an Bord der Prometheus. Der androgyne Androide mit Persönlichkeitsdefiziten hört und sieht alles im Dienste der Weyland Corporation, die die Prometheus-Mission finanziert. Ridley Scott erklärt Davids Funktion so: „Wenn ich so ein riesiges Raumschiff [wie die Prometheus] hätte, würde ich es nicht in den Weltraum schicken und es nur durch Computersysteme überwachen lassen, ganz egal, wie ausgereift die sind. Ich würde jemanden mitschicken, der das Unternehmen vertritt, so wie Ash in Alien.“
„Er gehört irgendwie nicht wirklich dazu“, bestätigt Executive Producer Michael Ellenberg. „Er hat ein bisschen was von Rutger Hauer und Ian Holm, ist aber zugleich ganz anders. Er ist sehr intelligent und kultiviert, aber auch sehr jung. Falls die Crew auf ihrer Mission Wesen begegnet, die jenseits von Gut und Böse sind, kann es sein, dass er Gut und Böse in ihrer ganzen Tragweite gar nicht versteht. Er handelt seinem eigenen Bewusstsein entsprechend und entscheidet auf dieser Basis, ob er eine Agenda verfolgt oder nicht.“ Dass David Unternehmensinteressen vertritt und wie diese aussehen, ist im Gegensatz zur Figur Ash in „Alien“ von Anfang klar. „Vom ersten Moment an weiß man genau, was er macht, wann immer er etwas tut“, so Scott. „Ihm ist nie langweilig, dagegen hat er seine eigenen Methoden. Er kann sich jederzeit selbst ausschalten und später wieder einschalten. Er haushaltet sich selbst.“
Für Fassbender unterscheidet sich David grundsätzlich von den Figuren aus dem „Alien“ Universum, mit dem die Welt von „Prometheus – Dunkle Zeichen“ nur ganz entfernt zu tun hat. „Ich habe mir die früheren Filme nicht im Detail angesehen“, sagt er. „Als ich die Rolle bekam, habe ich mir die alten Alien-Filme nicht noch mal angeschaut. Allerdings habe ich mir Blade Runner angesehen. Ich versuche, dieser Figur einen sehr unklaren, schwer greifbaren Charakter zu geben. Auch sexuell sehr ambivalent, fast androgyn. Wir haben uns dafür einiges von David Bowie und von Peter O’Toole in Lawrence von Arabien abgeguckt. Bei dieser Figur kann man sich nie sicher sein. Wenn er etwas sagt, soll der Zuschauer sich fragen: ‚Meint der das jetzt ernst oder macht er sich lustig?‘“
„Ridley hat David nach dem Vorbild einiger großer Schauspieler entworfen“, ergänzt Ellenberg. „Während alle anderen an Bord zwei Jahre lang im Schlafzustand sind, ist David die ganze Zeit wach und hat Zeit, die Forschungen der Wissenschaftler zu studieren und sich selbst zu entwickeln. Im Laufe des Films glaubt er zu begreifen, was er vom Leben will, und ich glaube, er ist sehr überrascht von dem, was er sieht.“ Seine eigene Unklarheit spiegelt sich auch in den Reaktionen der Prometheus-Crewmitglieder, die alle über Davids Motive an Bord besorgt sind. „Alle fühlen sich ihm gegenüber irgendwie unbehaglich“, so Fassbender. „Es gibt eine gewisse Abneigung gegenüber Robotern, daher behandeln ihn alle ein wenig wie einen Außenseiter. Und die Zuschauer beginnen sich zu fragen: ‚Hat dieser Typ Gefühle? Er ist ein Roboter. Kann er eifersüchtig werden? Neidisch? Verletzt es ihn, wenn die anderen so mit ihm umgehen?‘“
Ein interessanter Aspekt der Figur David – besonders im Zusammenhang mit der übergeordneten Thematik des Films, die den Ursprung der Menschheit in Frage stellt – ist die Tatsache, dass er als Android genau weiß, von wem er erschaffen wurde. Ridley Scott verrät: „Er fragt Holloway sogar: ‚Warum habt ihr mich erschaffen?‘ Und die Antwort lautet: ‚Weil wir es konnten.‘ David entgegnet darauf: ‚Wie würdet ihr euch fühlen, wenn eure Schöpfer dasselbe über euch sagen würden?‘ Hat David Gefühle? Klar hat er Gefühle!“
Fassbender erklärt, dass er der Figur so viel Emotionalität gab, wie das Drehbuch es zuließ: „Ich stelle ihn als eine recht eitle und überhebliche Figur dar. Er besitzt ein ziemlich großes Ego, denn er weiß, dass er einige weitaus höher entwickelte Fähigkeiten besitzt als die Menschen um ihn herum. Als Reaktion darauf, dass sie ihn ausgrenzen, entwickelt er ihnen gegenüber eine leicht herablassende Art. Er ist ziemlich rechthaberisch.“ Für die Entwicklung seiner Figur suchte sich Fassbender auch Inspiration jenseits des Films. „Den Gang zum Beispiel habe ich mir von Greg Louganis abgeschaut, der war Turmspringer, ich glaube, das war in den frühen 1980ern. Als Kind habe ich ihn oft im Fernsehen gesehen. Er hatte einen ganz eigenen Gang, wenn er oben auf dem Sprungturm zur Brettkante lief. Kleine Details dieser Art sind sehr hilfreich.“
Ein Element, das für die endgültige Figur des David nicht übernommen wurde, war der Afrikaans-Akzent, den Fassbender schon am ersten Drehtag aufgab. „Ich hatte viele verschiedene Ideen, was ich mit seiner Sprache machen könnte, und wir haben einiges ausprobiert“, erinnert er sich. „Anfangs wollte ich ihn südafrikanisch klingen lassen, also sprach ich in einer Szene mit Afrikaans-Akzent. Ridley meinte: ‚Okay, klingt interessant. Mach’s einmal mit Afrikaans und einmal mit ganz normalem Englisch.‘ Letztendlich ließen wir die Idee fallen und blieben bei normalem Englisch.“
Joe Utichi – www.joeutichi.com
Entdecke Prometheus –
Teil 1: Interview mit Ridley Scott / Themen und Motive
Teil 2: Charakterentwicklung Shaw / Michael Fassbender Q&A
Teil 3: Der Planet / Charakterentwicklung David
Teil 4: Charlize Theron Q&A / Idris Elba Q&A
Teil 5: Noomi Rapace Q&A / Entwicklung des Raumanzugs
Teil 6: Das Raumschiff