Entdecke PROMETHEUS – Charakterentwicklung Shaw
Die Wissenschaftlerin Elizabeth Shaw, gespielt von Noomi Rapace, ist die Leiterin der Prometheus-Expedition. Wie vom „Thelma & Louise- und „Alien“-Schöpfer Ridley Scott nicht anders zu erwarten, steckt in Shaws Weltraumanzug eine starke Persönlichkeit. Und die wird von Noomi Rapace, bekannt für ihre Darstellung in der immens erfolgreichen schwedischen Trilogie „Verblendung“, „Verdamnis“ und „Vergebung“ als neue Actionheldin für das 21. Jahrhundert verkörpert…
Viele Filmfiguren sind schon weitgehend ausgearbeitet, bevor eine Besetzung für sie ausgewählt wird, doch bei Shaw war es anders. Ihre Figur wurde in enger Zusammenarbeit mit Rapace entwickelt und ausgearbeitet. Ridley Scott erinnert sich: „Inzwischen inspirieren mich vor allem Low-Budget-Filme. Wenn man keine Filme sieht, verschließt man sich. Seit einiger Zeit gibt es eine wahre Flut an skandinavischen Filmen. Vor über einem Jahr sah ich mir „Verblendung“ an, denn ich hatte gehört, dass der Film erfolgreich war. Ich war absolut davon begeistert. Noomi war diese eigenartige kleine Punk-Schauspielerin, sie wirkte auf mich absolut authentisch. Als ich hörte, dass sie gerade in Hollywood war, rief ich einfach ihren Agenten an und bat um ein Treffen. Sie kam rein und war eine sehr elegante Frau. Da wurde mir plötzlich klar, dass ich es hier mit einer wirklichen Schauspielerin zu tun hatte, die sich buchstäblich in einen anderen Charakter verwandeln kann.“
Als Scott Rapace traf, war das Projekt „Prometheus“ bereits geboren, aber das Drehbuch war noch längst nicht perfekt, so Scott. Er erzählte Rapace von dem Projekt. „Sie war sehr amüsiert“, erinnert er sich. „Sie erzählte mir, dass sie Alien als Kind gesehen hatte. So fing alles an. Als das Drehbuch weiter entwickelt war, schickte ich es ihr.“
Bei der Entwicklung von Shaw, so Scott, wurde bewusst ein ganz anderer Ansatz gewählt als bei Sigourney Weavers Figur Ripley in „Alien“. „Wir wollten da auf jeden Fall ganz anders rangehen, denn Sigourneys Figur in Alien war ein eher unspezifisches Besatzungsmitglied“, erklärt er. „Was machte sie überhaupt an Bord? Man denkt, sie wird noch im ersten Akt sterben. Shaw dagegen ist ganz klar eine Wissenschaftlerin, deren Motivation nicht nur die reine Wissenschaft ist, sondern auch ihr Glaube. Sie ist davon überzeugt, dass sich alles auf einen Schöpfungsakt zurückführen lässt – dass wir durch etwas erschaffen wurden. Andernfalls wären wir ja nur ein großer biologischer Zufall. Mathematisch betrachtet ist unsere bloße Existenz unmöglich, es sei denn, jemand oder etwas hätte nachgeholfen.“ Rapace sagt, dass Shaw weiblicher als Ripley ist: „Sie ist Wissenschaftlerin, eine Archäologin. Ich glaube, Ripley war von Anfang an sehr viel härter, weil sie allein war. Shaw beginnt die Reise, um mit Holloway zusammen zu sein. Sie liebt ihn. Sie sind ein Team und gehen gemeinsam auf diese Mission.“
Logan Marshall-Green, der Holloway spielt, stimmt Rapace zu: „Ja, sie sind ein Team. Sie ist sozusagen das Hirn und er die Beine. Ich würde nicht so weit gehen, von Muskeln zu sprechen, aber er ist so was wie die Beine. Er ist derjenige, der losstürzt, ohne vorher lange nachzudenken. Manchmal schadet er damit beiden als Team, aber oft bringt er sie so auch weiter. Er geht viele Risiken ein und ist damit bisher gut gefahren. Die Prometheus-Mission ist eins dieser Risiken.“Für Marshall-Green ist es ein typischer Fall von Gegensätzen, die sich anziehen: „Auch wenn wir ein Team sind, verfolgen wir doch sehr unterschiedliche Ansätze und Philosophien. Wir glauben und wollen unterschiedliche Dinge. Sie ist die Glaubende. Ich bin der reine Wissenschaftler, der Skeptiker. Es mag abgedroschen klingen, aber wir ergänzen einander. Ich denke, das ist es auch, was die beiden Figuren auf der Gefühlsebene zueinander zieht. Wir respektieren einander völlig, aber mein Skeptizismus trifft auf ihre Ansichten, ihren Glauben.“
Executive Producer Michael Ellenberger fasst es so zusammen: „Beide sind als Archäologen und Anthropologen herausragende Experten. Und sie erkennen Verbindungen zwischen einer Reihe von Phänomenen auf der Erde, die nahe legen, dass auf anderen Planeten nicht nur Leben existieren könnte, sondern dass das Leben auf der Erde etwas mit diesen anderen Lebensformen zu tun haben könnte, dass diese anderen vielleicht unsere Schöpfer sind.“ Rapace verrät, dass Shaw im Laufe des Films eine Wandlung durchläuft. „In der Mitte des Films geschieht etwas, das sie härter und kriegerischer werden lässt“, erzählt sie. „Sie muss sich zu einem gewissen Grad emotional abschotten, um überleben zu können. Anfangs ist sie diese eher unschuldige Figur voller Hoffnungen und Glauben, doch später entwickelt sie eine dunklere Seite. Ich glaube, die Frauenfiguren von Ridley Scott sind alle ziemlich tough, sie können sich durchsetzen und sie sind ziemlich gut darin, sich zu wehren.“
Kostümdesignerin Janty Yates bestätigt, dass Rapace auch auf die Kostümentscheidungen für ihre Figur einen starken Einfluss hatte: „Sie wollte immer einen Weltraumanzug tragen“, erinnert sie sich lachend. „Am ersten Drehtag probierten wir sehr viele unterschiedliche Looks aus, darunter sehr, sehr spacige und sehr, sehr moderne, sehr französische Looks, sehr japanische Looks, alles Mögliche, um etwas zu finden, worin sie zeitlos aussieht. Und schließlich sagte sie einfach: ‚Ridley, kann ich das hier tragen?‘ Und er antwortete: ‚Ja, okay!‘“
Für Rapace bedeutete die Entwicklung ihrer Figur auch die Entwicklung einer Hintergrundgeschichte. „Shaw hat ihren Vater verloren, als sie noch sehr jung war“, erzählt sie. „Er war christlicher Missionar. Ich glaube, wenn man sehr früh etwas so Einschneidendes erlebt, hat man zwei Optionen. Man kann den Glauben an alles verlieren, innerlich sehr düster werden und glauben, dass alles eine Art Strafe ist. Sie wählt den anderen Weg, weil sie geliebt wurde und ihr Vater seinen Glauben an sie weitergab. Sie hält an diesem Glauben fest und sieht in allem, was geschieht, einen Sinn und ein Ziel.“
Marshall-Green machte die Arbeit mit Rapace viel Spaß. „Bei der Zusammenarbeit mit Schauspielern achte ich auf ihren Arbeitsethos“, erklärt er. „Niemand hat eine so gute Einstellung zur Arbeit wie Noomi. Wir wurden ja sozusagen einfach zusammengeworfen und mussten glaubhaft darstellen, dass uns eine emotionale und berufliche Vorgeschichte verbindet. Ich glaube, wir beide hatten dabei genau dasselbe im Sinn, und ich hoffe, dass man das sieht.“ Die Beziehung zwischen den beiden Figuren, so verrät er, ist absolut grundlegend für die Thematik des Films. Statt diese Beziehung jedoch explizit darzustellen, haben er und Rapace versucht, sie in vielen kleinen Details durchscheinen zu lassen. „Hat sie ihm da etwa gerade eine gefrorene Weltraumhimbeere in den Mund gesteckt?“, lacht er. „Ja, hat sie!“
Für die körperliche Darstellung ihrer Figur musste Rapace jedoch auch hart trainieren. „Für Verblendung hab ich sehr viel Kampfsport gemacht“, erinnert sie sich. „Ich lernte Kickboxen und Tae Bo, weil ich aggressiv sein wollte. Bei Prometheus – Dunkle Zeichen war es anders, diesmal hab ich mehr Lauftraining gemacht, um eher die Ausdauer zu trainieren als kurze, schnelle Krafteinsätze. Ich wollte wie ein Tier sein und habe meinen Körper so trainiert, dass er durchhält, damit ich lange Sessions machen kann.“
Joe Utichi – www.joeutichi.com
Entdecke Prometheus –
Teil 1: Interview mit Ridley Scott / Themen und Motive
Teil 2: Charakterentwicklung Shaw / Michael Fassbender Q&A
Teil 3: Der Planet / Charakterentwicklung David
Teil 4: Charlize Theron Q&A / Idris Elba Q&A
Teil 5: Noomi Rapace Q&A / Entwicklung des Raumanzugs
Teil 6: Das Raumschiff