Alphayn (c) pressplay, Phillipp Annerer (1)

Interview mit Alphayn

Im Februar haben die Wiener Pagan Metaller Alphayn ihr zweites Album Wanderschaft veröffentlicht. pressplay hat mit Hias (Gitarrist und Songwriter), Cari (Drummerin) und Chiri (Sängerin) im Wiener Gürtelbräu über das neue Album, den Sängerwechsel und Schatten der Vergangenheit gesprochen.

pressplay: Euer neues Album Wanderschaft ist nun nach einigen Verzögerungen endlich fertig. Wieso hat es so lange gedauert?

Hias: Unser lieber Tonmann – Chiris (Sängerin) Freund – ist ein Perfektionist und er hat sehr lange gebraucht für den Mix. Aber das haben wir erduldet, weil er wirklich eine gute Arbeit macht.

Cari: Das Album hätte im Mai 2017 rauskommen sollen. Das war so unser ursprünglicher Plan, dann wurde es Februar 2018. Unser Sänger ist zwischendurch ausgestiegen, dadurch wurde es ein bisschen zach. Das war dann ein Rückschlag und wir mussten uns erst eine neue Person suchen.

Chiri: Dadurch, dass derjenige, der das Album gemischt hat, eben mein Freund ist, hat das gut funktioniert. Es hat sich irgendwie angeboten. Am Anfang war es eigentlich nur aushelfen, aber als es immer klarer wurde, dass Robert ausgestiegen ist, hat sich das alles halt so ergeben.

Was hat sich neben der Neubesetzung geändert im Vergleich zu eurem letzten Album Heimkehr? Kann man die Band die ihr damals wart noch mit der, die ihr heute seid, vergleichen?

Cari: Eigentlich hat sich nicht so viel verändert. Der größte Unterschied ist vielleicht die Drehleier – die war am ersten Album gar nicht drauf.

Hias: Wir waren auf jeden Fall ein bisschen experimentierfreudiger beim Gesang, weil wir herausgefunden haben, dass unsere liebe Rhythmus-Gitarristin auch ganz gut singen kann. Da haben wir das gleich mit eingebaut ins neue Album. Es ist also auf jeden Fall vielfältiger und wir haben uns sicher weiterentwickelt.

Chiri: Die Frage ist, was jetzt mit dem neuen Material kommen wird. Natürlich hat der Ex-Sänger, was Texte und Thematiken angeht, sehr viel Persönliches einfließen lassen. Jetzt ist der Ball ja weitergespielt worden und wir sind gespannt, was jetzt passieren wird.  

Cari: Das dritte Album wird dann also wahrscheinlich der größere Sprung werden.

Mittlerweile seid ihr ja zu sechst. Kommt es vor, dass es in kleineren Clubs eng auf der Bühne wird?

Hias: Absolut, ja. Vor allem im Escape oder Replugged wird es teilweise schon sehr eng.

Cari: Das Problem hab ich nicht, weil ich hinten am Schlagzeug sitze, aber ich sehe ja wie alle hintereinander stehen.

Hias: Ich hab mal den Bass von Andi ins Gesicht kriegt. (alle lachen)

Ihr habt vorher schon den Sängerwechsel angesprochen: Wie genau kam es dazu?

Cari: Naja, es sind hauptsächlich private Gründe gewesen, weil unser ehemaliger Sänger eine Familie gegründet hat und einfach keine Zeit mehr hatte und jetzt auch noch in Graz lebt. Es hat sich auch schon länger abgezeichnet, dass wir getrennte Wege gehen werden, weil das auch in der Band zu Spannungen geführt hat.

(An Chiri) Wie viel Zeit verbringst du eigentlich damit, dich in die Mythologie und Kulturen einzulesen, jetzt wo du in Zukunft die Texte schreiben wirst?

Chiri: Das Lustige ist, dass ich Robert (Anm.: Ex-Sänger) kenne, weil wir gemeinsam studiert haben. Wir haben uns an der Fakultät für Keltologie kennengelernt, wo es natürlich auch sehr viel um Religion geht. Religion der keltischen Völker, aber auch germanische und skandinavische Mythologie wird dort behandelt. Eine meiner Leidenschaften ist auch Geschichte an sich, ich studiere ja gerade auch, um später Geschichtslehrerin zu werden. Wirklich einlesen muss ich mich also nicht. Für mich wird es eher eine sprachliche Herausforderung, weil ich noch nie auf Deutsch gesungen, oder deutsche Liedtexte geschrieben habe, aber das wird sich dann zeigen.    

Ist das, wovon ihr singt – dieses „Kriegerleben“ – gewissermaßen wirklich Teil eures Lebens oder ist das bloß eine Rolle in die ihr als Band schlüpft?

Hias: Auf der Bühne schlüpfe ich in eine düstere, aggressive Rolle und lebe alles aus. Privat bin ich weniger der Krieger. (alle Lachen)

Cari: Ich glaube, dass ist individuell bei jedem von uns sechs anders. Wir identifizieren uns auf jeden Fall alle mit den Texten. Ursprünglich hat sie Robert geschrieben, er hat sie uns gegeben, wir konnten sagen, ob das irgendwie cool ist und dann haben wir gelegentlich vielleicht ein paar Passagen geändert oder hinzugefügt. Es ist halt so, dass Robert auch viel Persönliches von sich in den Texten verarbeitet hat.

Chiri: Das war für mich natürlich eine umso größere Herausforderung. Wenn über Ereignisse geschrieben wird, dann kenne ich sie natürlich, aber die Art und Weise wie die Texte geschrieben sind, da ist natürlich ein Teil von jemanden anderen dabei und das bin nicht ich. Für mich war es also wichtig mir die Texte anzueignen und natürlich war auch eine sehr große Angst dabei, dass ich es nicht so singen oder interpretiere wie er. Bis jetzt hat sich zwar keiner beschwert, aber es ist natürlich nicht so einfach.     

In eurem Song Der Sonne Entgegen wird Schopenhauer zitiert. “Der Neue Mensch” klingt an sich auch sehr nach Nietzsche. Wieso fließen diese Philosophen in eure Arbeit mit ein? Beschäftigt ihr euch selbst auch mit ihnen und werden sie in Zukunft auch noch eine Rolle spielen?

Cari: Das war mehr Roberts Ding. Er hat sich irgendwas rausgepickt, das ihm grad gefallen hat. Ist also schwierig jetzt zu sagen, wie sehr er sich jetzt wirklich damit beschäftigt hat.

Chiri: Aber zur Frage, ob sowas zukünftig noch drinnen sein wird: Auf jeden Fall. Natürlich ist Nietzsche für mich ein Thema, vielleicht noch mehr als ich jünger war, heute identifiziere ich mich weniger mit ihm und seinem Gedankengut, aber philosophische Themen werden in den Texten weiterhin vorkommen und zwar in dem Sinne, dass wir geschichtliche Ereignisse in aktuellere Themen hineinbringen und das hat der Robert auch sehr gut gemacht.

An welche Philosophen denkst du da?

Chiri: Ich bin ein großer Fan der ganzen deutschen Philosophie. Konkret Hegel, Feuerbach also eher die, die ich persönlich aktueller finde als Nietzsche.  

Viele Pagan Metal Bands müssen sich hin und wieder mit dem Vorwurf der Nähe zu rechtsextremen Ideen und Gedankengut auseinandersetzen, vor allem weil die nordische Mythologie immer wieder von diesen politischen Gruppen aufgegriffen wird. War das bei euch schonmal Thema?

Hias: Bandintern haben wir uns das schon einmal ausdiskutieren müssen wegen den Texten, die  Robert geschrieben hat.

Cari: Ja, dass war Robert, weil er das Wort “Minusseele” (Anm.: Begriff wurde vor allem durch das Buch ‚Adolf Hitler – Sein Kampf‘ gegen die Minusseele geprägt) benutzt hat in einem Song. Da haben wir festgestellt, dass er das nicht machen kann und wir mussten sagen “Robert das geht nicht. Egal wie du das da in den Song einbaust und glaubst du kannst es benutzen, das geht nicht, vor allem nicht als Pagan Metal Band”.

In “Heimkehr” dem Song vom gleichnamigen ersten Album geht es darum, dass die eigene Heimat in Gefahr ist bzw. angegriffen wird und die Feinde gehängt werden müssen. Im Text wird eindeutig die österreichische Nationalhymne aufgegriffen. Ist dieser Zusammenhang beabsichtigt?

Cari: Es ist schon so lange her. Naja, es war halt eine Idee von Robert. Er wollte es  einbauen und wir fanden die Idee irgendwie nett, ohne jetzt irgendeinen Hintergedanken zu haben, wir sind nicht solche Patrioten. Das klingt vielleicht danach, aber eigentlich – nein.   

Chiri: Für mich ist es überhaupt lustig, weil ich eigentlich aus einer Gegend komme, wo die Heiden die Feinde waren. Ich bin ja Italienerin. Das heißt meine Geschichte habe die Römer gemacht, theoretisch. Man sagt ja immer, die Geschichte machen die Sieger. Ich hab die Geschichte von der anderen Seite gelernt und es ist natürlich total super, wenn man auf die andere Seite übertritt und merkt, ok, Geschichte schreiben die Sieger. Man muss die Wahrheit dahinter eben verstehen. Was für eine Vielfalt es beispielsweise innerhalb des römischen Reiches gab ist etwas ganz anderes, als ich etwa im Geschichtsunterricht gelernt habe.

Heimkehr singe ich jetzt nicht so gerne, muss ich zugeben. Aber nicht, weil es österreichisch ist, sondern weil es sehr schwer zu singen ist. Ich würde überhaupt nicht behaupten, dass ich Patriotin bin. Ich finde die Welt ist unsere Heimat.

Cari: Da stimme ich zu.

Findet ihr, dass politische Botschaften grundsätzlich in die Musik einfließen sollten?

Chiri: Für mich gibt es so etwas wie universelle Geschichten. Wo es also keine linke Seite gibt, keine rechte Seite, da geht es auch nicht um moderate Sichtweisen oder so. Es geht einfach nur um den Gedanken etwas zu erzählen, in dem sich jeder wiedererkennen kann und wo jeder behaupten kann “Ok, da kann ich mich hineinversetzen”.  

Politische Botschaften finde ich in der Musik grundsätzlich gut, wir haben aber auch intern das Thema gehabt, inwiefern man Musiker von der Musik trennen kann. Wie kann man also Musik hören, wenn man weiß, dass im Hintergrund ein Gedanke ist, der politisch ganz weit entfernt von dir liegt? Ich glaube, dass wir mehr in die Richtung von politischen Botschaften gehen werden, jedenfalls was die Aktualität anbelangt, aber ohne, dass es eindeutig links oder rechts ist. Dass keiner von uns jetzt auf der rechten Seite ist, ist denke ich klar. Ich denke aber, der Ansatz ist ein besserer, wenn man von Geschichten redet, die bei jedem Resonanz finden, egal welche politische Gesinnung er hat.

Was ist die wichtigste Errungenschaft, die ihr 2018 als Band erreichen wollt?

Hias: der Release von Wanderschaft war schon ziemlich groß.

Cari: Naja, aber das Jahr hat ja gerade erst begonnen. Wir würden auf jeden Fall gerne mehr Festivals spielen, aber dafür ist es jetzt etwas spät mit dem Anmelden und so. Viele Konzerte, CDs verkaufen….

Hias: Eine Tour wäre natürlich auch cool, aber das ist schwer, weil wir alle arbeiten.

Cari: Müsste man jedenfalls längerfristig planen…

Chiri: Mein Ziel ist es mich gut zu integrieren (lacht) und Neues zu schreiben.  

Cari: Ja, neue Songs auf jeden Fall.

Danke für das Interview.